Bad Windsheim, Heilig-Geist-Spital: Ein Beispiel unnötiger Zerstörung historischen Kulturgutes in den 1970er Jahren

Für die Erweiterung des Heilig-Geist-Spitals in Bad Windsheim, Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim (Mittelfranken) wurde eine archäologische Ausgrabung im ehemaligen Gartenbereich des seit 1317 bestehenden Spitals nötig.

Ein Abriss in den 1970er Jahren zerstörte historische Spitalgebäude
Bereits beim Oberbodenabtrag wurde für die Archäologen ein enormer Zerstörungsgrad durch einen unkontrollierten Eingriff deutlich. Das Gelände war bis in die 1970er Jahre mit Scheunen und Nebengebäuden des Spitals aus dem 16. bis 18. Jahrhundert bebaut. Doch dann wurden für den Neubau eines Feuerwehrgebäudes sämtliche historischen Gebäude ohne archäologische Begleitung abgebrochen. Für die Maschinenhalle wurden Punktfundamentgruben ausgehoben, die den teilweise noch erhaltenen Gipsplattenboden großflächig zerstörten. Im Rahmen der weiteren Ausgrabung zeigte sich dann, dass dadurch auch der sehr imposante Weinkeller des Spitals bis weit unterhalb des ehemaligen Fußbodens zerstört wurde. Ein Beleg übrigens, dass der Abbruch eindeutig der 1970er Jahre zugeordnet werden kann: In den Baugruben fanden sich unter anderem eine Krawatte, sowie eine Herrensocke (Größe 43).

Nur Teilrekonstruktion möglich
Trotz der großflächigen Zerstörungen hatten sich noch einige Details erhalten, wodurch zumindest eine Teilrekonstruktion der ehemaligen Anlage möglich wurde:
Der Kellerraum wurde aus einer vertikalen Mauer gebildet, welche aus in Mörtel gesetzten Gipssteinplatten und -quadern bestand. Bis zur Kämpferhöhe war sie ca. 1,1m hoch. Die Mauerbreite liegt ebenfalls bei ca. 1,1m. Auf der Mauer aufsitzend befindet sich der noch in Teilen erhaltene Tonnengewölbeansatz. Dieser ist aus kleinteiligen Gipssteinblöcken errichtet, die ohne durchgängigen Verband in reichlich Mörtel gesetzt sind. Hier ist die Ansichtsseite deutlich qualitätvoller gearbeitet, als die zur Baugrube hin gelegene Seite. An der Innenseite der Konstruktion aus vertikaler Mauer und Tonnengewölbe fand sich der noch bis knapp über den Kämpfer erhaltene Rest einer als Gurtbogen gestalteten Säule. Diese war in ihrem vertikalen Teil aus Gipssteinquadern errichtet, die Bogensegmentsteine bestanden aus Sandstein.
Auf dem Grund der Anlage konnten noch Teile des erhaltenen Pflasterbodens des Kellers freigelegt und dokumentiert werden. Der aus ca. 1 x 1m großen und ca. 10cm starken Gipssteinplatten in Lehm gesetzte Pflasterboden war in weiten Teilen durch den Abbruch der Scheunen und die Einbringung von Punktfundamenten gestört. Die ehemalige Funktion des Komplexes ist zumindest für das 18. Jahrhundert klar überliefert. In der Darstellung des J.A. Delsenbach von 1731 werden die Gebäude als „Heu- und Getreidescheuern darunter liegend der Weinkeller" benannt.
Aufgrund der Größe des Gebäudes und der qualitätvollen Ausführung, vor allem der des Gurtbogens, scheint eine Nutzung als repräsentativer Lagerraum für den Wein des Spitals bereits beim Bau angedacht gewesen zu sein. Die Errichtung des Gebäudes ist zum einen durch die aus den Fugen des Gewölbeansatzes geborgenen Funde in die Mitte bis zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts archäologisch möglich, zum anderen findet sich in der Windsheimer Stadtchronik für das Jahr 1579 die Erwähnung der Errichtung einer Spitalscheune. Ob es sich dabei um die gleichen Gebäude handelt, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Die Überlappung der Datierungen lässt diesen Schluss jedoch mit einiger Sicherheit zu.

Historische Bausubstanz für immer verloren
Wären bei den Abbrucharbeiten 1972/74 bereits Archäologen oder Bauforscher vor Ort gewesen (das Bayerische Denkmalschutzgesetz war damals schon in Kraft!), hätte der Abbruch dieser renaissancezeitlichen Anlage eventuell verhindert werden können. Das anschließend errichtete Feuerwehrgebäude wurde 2017 abgebrochen, so dass nun hier eine Baulücke vorliegt, in der vorher ein eindrucksvolles Ensemble der reichsstädtischen Zeit Bad Windsheims stand.

Luftbild des Heilig-Geist-Spitals in Bad Windsheim vor 1968
Kellermauern mit Tonnengewölbeansatz, Bad Windsheim, Heilig-Geist-Spital
Kellermauern mit Tonnengewölbeansatz, Bad Windsheim, Heilig-Geist-Spital
Kellerboden, Bad Windsheim, Heilig-Geist-Spital