Essig ist seit Jahrtausenden bekannt und fand im Laufe der Zeit eine breite Anwendung. Zum Beispiel – so wie noch heute – zum Würzen von Speisen, Konservieren von Gemüse oder als Reinigungsmittel. Und auch im medizinischen Bereich war es sozusagen das erste Desinfektionsmittel. Heute kaufen wir Essig ganz einfach im Supermarkt. Aber wie wurde er früher hergestellt?

Aus Johann Georg Krünitz' Oeconomischer Encyclopädie von 1777 erfahren wir detailliert, wie in vorindustrieller Zeit Essig hergestellt wurde. Neben der professionellen Produktion durch Brauer findet sich dort auch eine Anleitung für den Hausgebrauch: Essig kann nur aus schon einmal vergorenen Flüssigkeiten – also Weinen, Most oder Bier - hergestellt werden. Man nehme ein irdenes oder hölzernes Gefäß verschließt es so, dass über einen Spund Luftaustausch stattfinden kann, aber keine Fruchtfliegen in das Gebräu gelangen. Dann stellt man das Gefäß an einen warmen Ort, wo der Sud durch die Wärme und den restlichen im Getränk enthaltenen Zucker durch Bakterien in Essig umgewandelt wird. Zur Unterstützung können dem Sud noch Brotrinden, Pfeffer und andere Gewürze hinzugegeben werden. Nach einigen Tagen ist aus dem süßlichen Sud Essig geworden.
Krünitz gibt noch den Tipp, dass man – wenn man ein ausreichend großes Gefäß hat – nie wieder Essig zu kaufen braucht. Wenn man jedes Mal, wenn man etwas Essig entnimmt dieselbe Menge wieder mit Saft oder schalem Bier aufgießt, ist der zugefüllte Inhalt bis zur nächsten Entnahme ebenfalls zu Essig vergoren. Ist der richtige Reifegrad erreicht, soll man den Spund luftdicht verschließen und das Fass am besten auf die Seite drehen, um ein Eindringen von Luft zu verhindern, da ansonsten auch der Essig faulen könnte.

Neben der Verwendung zum Würzen empfiehlt Krünitz auch Oberflächen in Krankenzimmern mit Essig zu reinigen. Offenbar war bereits zu seiner Zeit die desinfizierende bzw. antibakterielle Wirkung von Essig bekannt. Außerdem empfiehlt er Essig als Lösungsmittel für Harze, als Heilmittel bei Vergiftungen mit Laugen und als Mittel um Wunden zu reinigen. Wie hoch der Verbrauch eines Haushalts im Mittelalter und der frühen Neuzeit war, hing also stark davon ab, auf wie viele Arten Essig verwendet wurde.

Aktueller Fund aus Bayreuth
Bei einer Ausgrabung im Bayreuther Stadtteil Sankt Georgen wurde ein solches Essigfässchen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts geborgen. Das etwa 0,7 Liter fassende Gefäß besteht aus einer aus Ton gedrehten Tonne mit geraden Wänden und einem Spundloch an der Oberseite mit ausgebrochener Spundlochverstärkung. Außerdem besitzt es eine Öffnung an der Schmalseite, wo der Zapfhahn zur Entnahme eingeführt wurde. Das Objekt ist lediglich außen bleiglasiert, wohl um eine Kontamination des Suds mit Bleiauswaschungen durch die Essigsäure auf der Innenseite zu vermeiden. Beim Brand traten offenbar Schäden auf, da die Glasurmasse auf dem Gefäßkörper nicht gleichmäßig stark verteilt ist und teilweise auch Fehlstellen aufweist. Dadurch war der luftdichte Abschluss nicht mehr garantiert, so dass das Objekt in der Abfallgrube entsorgt wurde und so von den Archäologinnen und Archäologen von IN TERRA VERITAS in diesem Jahr gefunden werden konnte.

Essigfässchen aus Irdenware (Fehlbrand), hergestellt in Bayreuth-St. Georgen durch die Hafnerfamilie Fischer. Herstellungszeitraum 1719-1767. (IN TERRA VERITAS)
Essigfässchen aus salzglasiertem Steinzeug aus Solothurn, Schweiz, 2. Hälfte 17. Jahrhundert (Heege 2012, S.96, Abb. 4)
Die Produktion solcher Essigfässchen endet in Mitteleuropa etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts, wobei einzelne Töpfereien noch bis in das 20. Jahrhundert vereinzelt solche Objekte herstellten. Mit der industriellen Produktion von Essig und dessen Verkauf in Steinzeugflaschen oder Glasbehältern endet auch die alltägliche Herstellung von Essig im Hausgebrauch.

Literatur:
Heege 2012: A.Heege, Essigsäuli – Essigfässchen – baril à vinaigre – vinaigrier. Eine elsässische Keramik-Sonderform aus Steinzeug "Westerwälder Art", in: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.) 45.Internationales Symposium Keramikforschung – Tagungsband, S.90-97.
J.G. Krünitz, Oeconomische Encyclopädie / http://www.kruenitz1.uni-trier.de/