Archäologische Ausgrabung in der Innenstadt Forchheim

Bei der archäologischen Ausgrabung in der Innenstadt von Forchheim (Oberfranken) wurden im Hinterhof und Innenraum von drei Häusern mehrere Schnitte geöffnet. Die Eigentümer planen, neben der Sanierung der bestehenden Gebäude, einen Neubau im Hinterhof zu errichten. Daher wurde lediglich an den Stellen sondiert, an denen später Fundamente eingebracht werden sollen.
Das Archäologenteam von IN TERRA VERITAS stieß dabei auf Hausstrukturen des späten Mittelalters. Unter anderem fand sich ein verfüllter Brunnen aus aufeinander gesetzten Holzfässern, ein zur jetzigen Straße hin gelegener Keller, sowie Gerberbecken und eine mit Rampe versehene eingetiefte Struktur, die vorläufig als Räucherkammer der ehemals vorhandenen Metzgerei des 18./19.Jahrhunderts angesprochen wird. Insgesamt konnten fünf einzelne Bebauungsphasen festgestellt werden, die die kontinuierliche Nutzung des Areals, sowie den Wechsel der vor Ort tätigen Handwerke nachvollziehbar machen.

„In nachmittelalterlichen keramischen Fundkomplexen werden neben den mehr oder minder gewohnten alltäglichen Gebrauchsgeschirren gelegentlich Gegenstände beobachtet, die sich in Ausformung und manchmal unbekannter Funktion von der Fundmasse deutlich abheben. Wegen dieser relativen Seltenheit sind sie teilweise nur schwer einzuordnen und zu bewerten, entsprechende Vergleichsstücke sind ad hoc meist nicht bekannt."1 Aus einer Planierung stammt eine bichrom glasierte Hohlfigur eines Vogels mit trichterförmigem Standfuß. Auffällig sind die beiden Öffnungen an Kopf und Schwanz, die offenbar für die Verwendung des Figürchens essentiell sind. Vergleichsstücke finden sich tatsächlich nur in sehr geringem Umfang und mit meist unklarer chronologischer Ansprache. W. Endres führt in seiner Analyse 18 Objekte auf, welche in die Mitte des 16.Jh. datieren2. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass ähnliche Figuren einen sehr langen Herstellungszeitraum aufweisen (ältester bekannter Fund 3300 v.Chr./Ägypten; jüngster Fund 20.Jh./Frankreich). So kann hier lediglich über materielle Methoden eine Eingrenzung der Datierung erfolgen. Analog zur Verwendung bichromer Glasuren bei Klein- und Sonderformen in Südostdeutschland wird hier deshalb eine Datierung in die Zeit um 1500 bzw. die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts vorgeschlagen. Diese Datierung würde sich auch mit der relativen Chronologie der umliegenden Befunde decken.

Aus dem Fundgut der Verfüllung des Fassbrunnens stammen zahlreiche Glasfragmente. Im Folgenden sollen einige der Funde kurz vorgestellt und datiert werden. „Der im engeren Sinn als Kuttrolf bezeichnete Gefäßtypus ist aus grünem Waldglas. In Entsprechung zur Rippenflasche hat er in der Regel ebenfalls eine meist schalenförmige Mündung, aber ohne Fadenauflage, der Bauch trägt eine ausgeprägte optische Längsrippenmusterung. Während andernorts auch Vertreter mit mehr-röhrigem Hals auftreten, kommt in Amberg und der Auergasse 10 in Regensburg nur die einröhrige Form vor."3 R. Hannig erarbeitet für die Hohlgläser Nordostbayerns über die Kombination von publizierten Gefäßen, Bildquellen, Reliquienbehältern, archäologischen Funden allgemein, sowie über die stratigraphische Einbindung der nordostbayerischen Funde selbst eine Verwendungszeit dieser Flaschen von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis um 1600.
Ein weiteres Flaschenfragment konnte dem Typ der Ballonflasche (vgl. Abb. Hohlglas Nr. 4) zugeordnet werden. Diese „Kugelförmigen gibt es in weitaus größeren Formaten. (…) Die Ballonflasche zählt zu den typischen Gebrauchsformen für Vorratshaltung und Lagerung im Keller. Sie ist fester Bestandteil im Privathaushalt, gehört aber auch nicht minder zum Arsenal von Medizin und Alchemie."4 Auf Basis der oben beschriebenen verschränkenden Kombination erarbeitet Hannig eine Verwendungszeit dieser Flaschen von um 1400 bis in das frühe 18. Jahrhundert.
Zu den Trinkgefäßen ist auch das Bodenfragment eines Krautstrunks zu zählen (vgl. Abb. Hohlglas Nr. 5). „Becher mit im Durchschnitt 1,7 x 1,9cm bis 2,1 x 2,7cm und mit noch größeren, den Gefäßkörper beinahe ganz bedeckenden Nuppen werden unter dem Begriff „Krautstrunk" geführt. Die Bezeichnung Krautstrunk rührt von der unverkennbaren Ähnlichkeit der breiten Glasnuppen auf den Bechern mit ihrer nach oben ausgezogenen Spitze mit den Blattansätzen eines entblätterten Kohlstrunks her. Der Name tauchte 1562 in der Bergpredigt des Wittenberger Pfarrers Mathesius auf uns muss zu dieser Zeit also bereits fest eingebürgert gewesen sein."5 Die Varianten mit glattem Standring datieren hier etwas jünger als die mit gezwicktem Rand. Hannig eruiert für die jüngere Variante eine Verwendungszeit von um 1500 bis um 1600.

1) W. Endres, Zu einigen vogelgestaltigen Keramikformen des 16.Jahrhunderts, in: VHVO Bd. 121, Regensburg 1981, S.475-487, 475.
2) ders. 480.
3) R. Hannig, Glaschronologie Nordostbayerns vom 14. bis zum frühen 17.Jahrhundert, in: Monographien der Archäologischen Staatssammlung Bd. 3, Remshalden 2009, 100.
4) dies. 104.
5) dies. 87.

Hohlgläser aus der Brunnenverfüllung: 1-3 Kuttrolfbruchstücke, 4 Ballonflaschenfragment, 5 Krautstrunkfragment
Tonpfeife in Vogelform
Präparieren der Oberfläche nach dem Oberbodenabtrag
Dokumentation der Räucherkammer (?)