Vor- und frühgeschichtliche Hinterlassenschaften sind nur selten in Form von Wallanlagen oder Hügelgräbern heute noch obertägig sichtbar. Meistens schlummern sie gut geschützt und versteckt unter der Erde. Die Archäologie hat im Laufe der letzten Jahrzehnte allerdings einige Methoden entwickelt, solche untertägigen Strukturen auch ohne Ausgrabung sichtbar und zu machen. Eine der bekanntesten Methoden ist die Luftbildarchäologie.
Aus der Luft lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen vor allem großräumige Strukturen erkennen, wie vorgeschichtliche Grabensysteme oder Fundamente ehemaliger Steingebäude. Dabei verfolgen die WissenschaftlerInnen unterschiedliche Ansätze und technische Möglichkeiten.

Pflanzen und Schatten
Künstlich geschaffene Bodenanomalien können den darüberliegenden Pflanzenwuchs auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Meist erst aus der Luft können solche Strukturen dann erkannt werden.
Befindet sich zum Beispiel eine Mauer im Boden, wirkt sich das auf den Bewuchs an dieser Stelle aus. Besonders gut erkennt man das auf Getreidefeldern zur Reifezeit.
Über einer Mauer können die Pflanzenwurzeln nicht so weit ins Erdreich dringen, zudem wird durch die Steine weniger Wasser gespeichert. Dies führt zu einer geringeren Wuchshöhe und einer schnelleren Reife im Gegensatz zum umgebenden Getreide und damit zu farblichen Unterschieden.
Andersherum verhält es sich bei untertägigen Gräben. Hier ist der Boden tiefgründig gestört, weshalb die Wurzeln tiefer in Bereiche mit höherer Bodenfeuchte eindringen können. Dadurch wachsen sie höher und reifen später nach, so dass sie sich durch ihre grüne Farbe vom Rest des Getreidefeldes unterscheiden.
Neben dem Pflanzenwuchs gibt es auch Licht-und-Schattenmerkmale. Im Gelände zeichnen sich manchmal nur noch sehr flach erhaltene Wälle oder Hügel ab, die auf dem Boden kaum erkennbar sind. Erst bei extremem Schräglicht, zum Beispiel durch eine sehr frühe Morgensonne, können sie durch ihren Schattenwurf aus der Vogelperspektive erkannt werden.

Luftbild der Altenburg bei Stadtlauringen, Landkreis Schweinfurt (Faßbinder u.a. in AJB 2019, S. 170)
Bewuchsmerkmal Mauer (Anke Wunderlich)
Bewuchsmerkmal Graben (Anke Wunderlich)

Airborne-Laserscanning
Ist bei der klassischen Luftbildarchäologie der Bewuchs hilfreich, so gilt er bei der Erstellung von digitalen Geländemodellen als hinderlich. Die Erdoberfläche wird hierbei vom Flugzeug aus mit Hilfe von Laserstrahlen gescannt (Airborne-Laserscanning). Dies geschieht vorwiegend in der vegetationsarmen Zeit. Der Bewuchs kann bei der Auswertung der Daten rechnerisch herausgefiltert werden. Dadurch erhält man ein Modell der Geländeoberfläche, bei dem auch geringste Erhebungen und Vertiefungen sichtbar sind. In bisher unerforschten Waldgebieten konnten dadurch zum Beispiel Altwegesysteme wiederentdeckt werden, aber auch Spuren mittelalterlichen Bergbaus.

Digitales Geländemodell mit Spuren der „Gulden Straß“ im südlichen Bayerischen Wald. (H. Kerscher in AJB 2016, S. 163)

Literatur:
J. Bofinger, R. Hesse: Neue Wege der archäologischen Prospektion aus der Luft. Mit Airborne-Laserscanning Bodendenkmalen auf der Spur. Denkmalpflege in Baden-Württemberg 1/2011, S. 36 - 38.
Jörg W. E. Faßbinder, Florian Becker, Sarah Abandowitz, Beate Sikorski, Michael Eitel: Vorgeschichtlicher Kultplatz? Die Abschnittsbefestigung auf der Altenburg bei Stadtlauringen. Das archäologische Jahr in Bayern 2019, S. 170 – 172.
Hermann Kerscher: Über den Fluss und durch die Wälder – „Dj guldin Strass ghen Behamb". Das archäologische Jahr in Bayern 2016, S. 161 – 164.