…ist nicht nur heute ein beliebtes Getränk, sondern war es vermutlich schon zu prähistorischen Zeiten. Die ersten Nachweise des Bierbrauens weisen in die spätpaläolithische Natufien-Zeit, wie die Reste gekeimter Gerste aus der Raqefet-Höhle (vor ca. 13.700 – 11.700 Jahren) in Israel nahelegen. Doch nicht nur das potenzielle Alter des Bieres ist dabei interessant, sondern auch seine Bedeutung für die weitere Entwicklung vor- und frühgeschichtlicher Kulturen.

Wenn das Bier so alt ist, dann wurde es bereits gebraut, lange bevor die ersten Keramikgefäße entstanden. Dennoch spielt der Gerstensaft eine entscheidende Rolle bei der Überlegung, warum überhaupt damit begonnen wurde Keramikgefäße herzustellen. Möglicherweise hat Bier dies im Nahen Osten erst initiiert. Denn mit Keramikgefäßen ist es wesentlich leichter den komplexen Brauvorgang zu kontrollieren, insbesondere die Temperaturen am Feuer während des Mälzens. Gefäße aus organischen Materialien oder aus Stein erscheinen hier denkbar ungeeignet. Außerdem können mit Keramikgefäßen leichter größere Mengen hergestellt werden. So kam es vermutlich im 7. Jahrtausend v. Chr. im Bereich des fruchtbaren Halbmonds zum Beginn jungsteinzeitlicher Keramikproduktion.
Neben Keramik ist auch die Domestizierung von Getreide wesentlich für die Entwicklung der Braukunst. Eine Theorie geht davon aus, dass die Erschaffung der großen Tempelanlage Göbekli Tepe in Südostanatolien den Anstoß dazu gab, da die Menschenmassen, welche zum Bau der Denkmäler nötig waren, auch entsprechend versorgt werden mussten. So gelangten die Jäger- und Sammlergesellschaften langsam zur Landwirtschaft. Der Konsum von Bier, dessen Zutat Getreide nun auch angebaut werden konnte, soll dabei ein Teil der religiösen Rituale gewesen sein.

Bierhefe stammt aus der Steinzeit
Neuere Forschungen zeigen, dass nicht nur Getreide, sondern auch Hefe domestiziert wurde.DNA-Analysen ergaben, dass sich die Bierhefe in den letzten 10.000 Jahren von der Wildhefe isoliert hat. Das Genom der Bierhefe kann auf eine Kombination von Hefestämmen zurückgeführt werden, die zur Herstellung von europäischem Wein und asiatischem Reiswein verwendet wurde. Diese Genomveränderungen sorgten für die Entwicklung der späteren Vielfalt an Biersorten und unterschiedlichen Braustilen. Die moderne Bierhefe entstammt somit der Tradition der alten Fermentationstechnik. Seine Verbreitung ähnelt der von domestizierten Pflanzen und Tieren seit der Jungsteinzeit.

Der Brauprozess
Zunächst wurde mit dem geschroteten Rohstoff in großen Vorratsbehältern die Maische hergestellt. Anschließend entstand durch Absieben in ein weiteres offenes Gefäß die Würze. Diese wurde dann in Amphoren abgefüllt und gekühlt, sodass die Fermentation voranschreiten konnte. Zahlreiche Amphoren verfügten über kleine Ösen, die zur Befestigung einer Abdeckung oder zum Aufhängen hervorragend geeignet waren. Das fertige Produkt wurde dann aus Krügen oder Tassen getrunken.

In Mitteleuropa sind vor allem für die jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Ära (4.500 - 700 v.Chr.) Zusammenstellungen an Keramikformen bekannt, die sowohl zum Bierbrauen als auch als Trinkgefäße verwendet wurden. So zum Beispiel Krüge, Tassen, Amphoren oder große Vorratsbehälter.
Schematische Zeichnung aufgehängter Gefäße der Schnurkeramik (Zeichnung: Alexandra Decker, Marlene Ruppert-Dallmann, 2022, IN TERRA VERITAS Bamberg)
Zentraleuropäische endneolithische-bronzezeitliche Keramikkomplexe nach E. Neustupný (Quelle: Turek, 2021, 525, Abb. 3)
Trinkset: Hortfund der Badener Kultur, Dřevčice (Prag, Tschechien). (Foto: V. Daněček. Aus: Turek, 2021, 526, Abb. 4.)

Da das Brauen naturgemäß zu größeren Mengen führt, die auch nicht allzu lange haltbar waren, ist es naheliegend, dass das Bier in großer Runde sehr rasch konsumiert wurde. Ob in einem religiösen oder auch profanen Kontext – gemeinsames Trinken hat damals wie heute ein hohes Potential an sozialer Kommunikation und stärkt die soziale Bindung sowie die kollektive Identität.

So wurde Bier zur Tradition und Kulturgut und ist dies teilweise bis heute noch.

Literatur:
Jan Turek, Beer, Pottery and Prehistoric Society. Pivo, keramika a pravĕká společnost. Archeologie ve středních ċechách 25, 2021, 519-537.
Fay, J. C. – Liu, P. – Ong, G. T. – Dunham, M. J. – Cromie, G. A. – Jeffery, E. W. 2019, A polyploid admixed origin of beer yeasts derived from European andAsian wine populations. PloS Biol 17(3): e3000147. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000147
Andrew Sherratt, Cups that cheered. In: Economy and Society in Prehistoric Europe. Changing Perspectives (Edinburgh 1997), 376-399.