Nadeln sind aus unserem Alltag nicht weg zu denken. Sie übernehmen als Allzwecktool viele Aufgaben. Es gibt Stecknadeln, Nähnadel, Häkelnadeln, Tatoonadeln, Gravurnadeln und vieles mehr. Die ältesten Nachweise von Nadeln, dünne durchlochte Spähne aus Knochen, stammen aus der jüngeren Altsteinzeit (ca. 40.000 – 12.000 v. Chr.) und werden wohl als Nähnadeln genutzt worden sein. Für die Archäologie sind besonders die sogenannten Schmucknadeln interessant. Sie liefern wichtige Anhaltspunkte zur zeitlichen Einordnung eines Fundes oder Befundes, ähnlich wie Fibeln.
Bei Schmucknadeln handelt es sich um Accessoires, mit denen Kleidung zusammen gehalten wird lange bevor es Fibeln oder gar Reißverschlüsse gab. Sie werden ab der Bronzezeit hergestellt und genutzt. Durch die Vorteile des neuen Werkstoffes Bronze, ist eine aufwändigere Gestaltung der Objekte möglich. Auch die höhere Belastbarkeit führt zu einer Verlängerung der Nadeln und einer fantasievolleren Ausführung der Nadelkopfformen.

Wie sieht eine Nadel aus
Eine Nadel wird in drei Abschnitte unterteilt (Abb. 1): Oben befindet sich der Kopf, der das Durchrutschen der in den Stoff eingesteckten Nadel verhindern soll. Er ist zugleich auch das wesentliche Schmuckelement der Nadel und kann mannigfaltige Ausformungen annehmen. Deshalb werden die Nadeln auch hauptsächlich anhand der Kopfform gegliedert und datiert. Unterhalb des Kopfes befindet sich der Hals. Auch dieser kann verschiedene Formen aufweisen (z.B. profiliert, knotig, gerippt, geschwollen oder gekröpft). Gibt es keinen ausgeformten Hals, so schließt sich direkt der Schaft an, welcher in der Spitze endet und gerade, säbelartig, gewellt oder tordiert sein kann.

Abb. 1) Schema einer Nadel (aus: Heynowski 2014, Abb. 1)

Entwicklung seit der Bronzezeit
In der Frühen Bronzezeit (18.-16. Jahrhundert v. Chr.) ist das Kopfende meist flach ausgehämmert und reich verziert oder auch gerne zu einer Öse eingerollt oder eingebogen. Im weiteren Verlauf kommen kugelförmige Köpfe hinzu (Abb. 4). Für die Mittlere Bronzezeit (16.-14. Jahrhundert v. Chr.) sind sogenannte Lochhalsnadeln besonders typisch. Dabei wird der Schaft kurz unterhalb des Kopfes durchlocht. Dazu kommt eine sehr große Variabilität in der Kopfform, wie zum Beispiel die vielen Ausprägungen der Radnadeln zeigen. Die Nadeln erreichen in dieser Zeit eine Länge von bis zu 40 cm oder gar 60 cm! In der folgenden spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur (13.-8. Jahrhundert v. Chr.) verlegt man sich zunächst auf große und dann doch wieder auf kleine Kopfformen. In der Eisenzeit (8.-1. Jahrhundert v. Chr.) treten gehäuft recht kleine Nadeln auf, die sowohl aus Eisen aber auch aus Bronze gefertigt sein können. Besonders einprägsam für diese Zeit sind die gebogenen Nadelhälse wie die Stufennadel (7. Jahrhundert v. Chr.) und die Schwanenhalsnadel (6.-3. Jahrhundert v. Chr.)

In Süddeutschland endet die Nutzung der Schmucknadel um 500 v. Chr., da nun die Fibel bevorzugt wird. Erst mit den Römern kommen wieder Nadeln auf. Allerdings werden diese für aufwändige Steckfrisuren verwendet und nicht zum Zusammenheften der Kleidung. Bei den Wikingern findet sich die Nadel, etwa in Form der Ringnadel (9.-12. Jahrhundert n. Chr.) wieder als Gewandspange.

Abb. 2) Nadel mit Spiralscheibenkopf aus Eßlingen LKr. Weißenburg-Gunzenhausen. Frühe Bronzezeit bis frühe Eisenzeit. (aus: Heynowski 2014, 20.)
Abb. 3) Wetzleinsdorfer Nadel mit welligem Schaft aus Mantlach b. Velburg Lkr. Neumarkt i.d.Opf. Mittlere Bronzezeit. (aus: Heynowski 2014, 25.)
Abb. 4) Deinsdorfer Nadel mit Kugelkopf aus Mantlach b. Velburg Lkr. Neumarkt i.d.Opf. Mittlere bis Späte Bronzezeit. (aus Heynowski 2014, 28.)

Nordbayern
In Franken und der Oberpfalz, wie auch im gesamten süddeutschen Raum, kommen Nadeln vor allem als Grabbeigaben, in Depots oder auch als Flussfunde zum Vorschein. Besonders im Main – von Kulmbach bis Aschaffenburg – finden sich Nadeln als Teile von Niederlegungen im Gewässer, wie die Radnadel aus Schonungen, Landkreis Schweinfurt. (Abb. 5)

Abb. 5) Radnadel ähnlich derjenigen aus Schonungen, Lkr. Schweinfurt. Späte Mittelbronzezeit bis Spätbronzezeit. (aus: Heynowski 2014, 62.)

Literatur

  • R. Heynowski, Nadeln. Erkennen-Bestimmen-Beschreiben. Bestimmungsbuch Archäologie 3 (Berlin, München 2014).
  • J. A. Potratz, Vorgeschichtliche Geräte. Eine kleine Formenfibel der vorgeschichtlichen Archäologie. Orion-Bücher 105 (München 1957), 30-43. Unveränderter Nachdruck 2000 Helms-Museum Hamburg.
  • G. Wegner, Die vorgeschichtlichen Flussfunde aus dem Main und aus dem Rhein bei Mainz. Mat.hefte zur bayer. Vorgesch. A 30 (Kallmünz/Opf. 1976).