Rammböcke, Katapulte, Kanonen oder Belagerungstürme. Der menschliche Erfindungsreichtum war gerade im Geschäft des Krieges schon immer ungebrochen. Daher konnte man im Mittelalter und der frühen Neuzeit aus einem breiten Arsenal an Belagerungswaffen auswählen. Doch bei der gezielten Zerstörung der Kulmbacher Plassenburg 1554 kam eine ganz neue und effiziente Maschine zum Einsatz.

Die Plassenburg im oberfränkischen Kulmbach, so wie wir sie heute kennen, existiert in ihrer Renaissance-Architektur erst seit Ende des 16. Jahrhunderts. Der mittelalterliche Vorgängerbau wurde mit einer neuartigen Erfindung kontrolliert zum Einsturz gebracht: Und zwar mit einer Schraube.

Die Kulmbacher Plassenburg in ihrem heutigen Erscheinungsbild (Quelle: Bild von André Beer auf Pixabay)
Holzschnitt der Plassenburg von David de Neckers vor ihrer Zerstörung 1554 (Quelle: Daniel Burger, Vom Rondell zur Bastion und zurück. Die Festung Plassenburg zwischen Innovation und Tradition, in: G. Dippold/ P. Zeitler (Hrsg.), Die Plassenburg – zur Geschichte eines Wahrzeichens, Lichtenfels 2008, S.64)

Zur Vorgeschichte
Albrecht Alcibiades, der Markgraf von Brandenburg-Kulmbach versuchte im Zweiten Markgrafenkrieg (1552 bis 1554) unter anderem sein Herrschaftsgebiet zu erweitern und zog daher gegen seine unmittelbaren Nachbarn ins Feld. Seine Ziele waren die Bistümer Würzburg und Bamberg, die Reichsstadt Nürnberg und andere Reichsstädte. Alcibiades verwüstete auf seinem Feldzug zahlreiche Ortschaften in Franken und in der Oberpfalz. Diese Zerstörungen lassen sich heute noch archäologisch nachweisen. Sein Kriegsglück wendete sich jedoch 1553 als sich die Fürstbischöfe, die Reichsstadt Nürnberg, sowie die Kurfürsten von Sachsen und Mainz, der Landgraf von Hessen, der Herzog von Braunschweig und König Ferdinand zu einem Bündnis zusammenschlossen, um das Treiben des Markgrafen ein Ende zu setzen. Die als Bundstände bezeichnete Allianz marschierte in das Kernland von Albrecht Alcibiades ein und belagerte seine wichtigste Festung: die Plassenburg in Kulmbach. Die Festung wurde durch die Allianz-Truppen vom 18. November 1553 bis zum 21.Juni 1554 schlichtweg ausgehungert, denn trotz Artillerie waren die massiven Mauern für einen Sturm nicht ausreichend beschädigt.

Die Dannersche Brechschraube
Nach der Eroberung der Burg und dem Sieg der Bundstände wollte die Reichsstadt Nürnberg sicher gehen, dass von dieser Festung keine Gefahr mehr für ihr Einflussgebiet ausgeht und begann die Anlage zu schleifen. Um dieses Ziel zu erreichen, konnte man die Gebäude in Brand setzen, die Gräben verfüllen oder die Mauern sprengen. Doch gerade Sprengungen waren teuer, gefährlich, nicht immer kontrollierbar und führten oft nicht zu den gewünschten Resultaten. Daher kam in Kulmbach eine völlig neuartige Maschine zum Einsatz: die sogenannte Dannersche Brechschraube, erfunden vom Nürnberger Schreiner und Schraubenmacher Lienhart Danner. Dieser entstammte einer Nürnberger Büchsenmacherfamilie und hatte wohl bereits als Lehrling Erfahrung mit der Herstellung von Schrauben gemacht.

Aufstellung der Dannerschen Brechschraube zum Umwerfen einer Mauer, Federzeichnung von Daniel Specklin um 1578 (Quelle: Daniel Burger, Die Dannersche Brechschraube, in: Deutsche Gesellschaft für Festungsforschung e.V. (Hrsg.), Das Ende der Festungen, Regensburg 2009, S.52)
Seine Maschine funktioniert in etwa wie ein moderner Wagenheber. Die Brechschraube wird im Boden fixiert, am anderen Ende werden Balken montiert und mittels der Kraftübertragung durch die Schraube nach außen gegen die Wand gedrückt. Der Festungsbaumeister Daniel Specklin schreibt 1589 zur Brechschraube, dass diese bis zu 5 Meter dicke Mauern umstürzen kann und auch das Öffnen von Toren und die Zerstörung von Bastionen ermöglicht. Zwischen zwei Mauern gespannt konnte die Brechschraube beide gleichzeitig auseinanderdrücken und zerstören, sodass genau an der gewünschten Stelle eine Bresche entstand. Kleinere Versionen der Maschine wurden genutzt, um Eisengitter und Türen aufzubrechen.