Die ersten schriftlich überlieferten Kochrezepte stammen mit dem Buch von guter Speise gerade einmal aus dem Jahr 1350 n.Chr. Wie kann man also aus wesentlich früheren Zeiten Aufschlüsse über die Ernährung der damaligen Menschen gewinnen? Als archäologische Quellen stehen nur wenige Möglichkeiten zur Verfügung, die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen. Am Ende gibt es auch ein Rezept aus der Keltenzeit zum Nachkochen!

Archäologische und naturwissenschaftliche Quellen
Relevante archäologische Funde sind erhaltene Speiseabfälle – vor allem tierische Knochen – und Gefäße mit Anhaftungen von Inhaltsresten. Auch Bodenproben von ehemaligen Siedlungen können durch die darin enthaltenen Pollen und botanischen Großreste Hinweise zur Ernährung bieten. Mit Hilfe der Strontiumisotopenanalyse und entsprechenden Modellberechnungen lässt sich damit einhergehend untersuchen, wie sich die Landwirtschaft, aber auch die Landschaft im Umkreis von Siedlungen verändert haben. Für solche Modellberechnungen müssen viele Daten gesammelt, ein geeignetes weitläufiges Gebiet abgearbeitet und zudem viele verschiedene ExpertInnen beschäftigt, koordiniert und finanziert werden. Daher sind solche Modellberechnungsgebiete selten. Beispiele in Baden-Württemberg sind die Gegend rund um die Heuneburg (Landkreis Sigmaringen), Hohenasperg (Landkreis Ludwigsburg) und der Ipf (Landkreis Ostalbkreis).

Eine weitere Quelle zur Rekonstruktion der Ernährungsweise stellen Exkremente und Mageninhalte dar. In ihnen finden sich zum Teil unverdaute Reste der letzten Mahlzeiten. In den meisten Fällen aus der Ur- und Frühgeschichte haben sich diese jedoch nicht erhalten und Mageninhalte sind auch nur in Moorleichen zu erwarten. Daher spielt diese Quelle eher eine untergeordnete Rolle.
Auch aus Exkrementen können Informationen über die Ernährungsweise gewonnen werden. Menschliche Ausscheidungen aus dem Salzbergbau bei Hallein. Durch die salzhaltige Umgebung wurden die Hinterlassenschaften konserviert. Links: Exkrementbrocken nach der Freilegung. Rechts: unverdaute Bestandteile eines aufgelösten Exkrementes mit Spelzenresten und Fruchtsteinen. (Boenke 2005, 243 Abb. 1)

Pflanzen- und Tierüberreste
Beim oben genannten Beispiel aus dem Umfeld der Heuneburg konnten umfangreiche Informationen über die verwendeten Pflanzen und gehaltenen Tiere während des 7.- 4. Jahrhunderts v. Chr. (ältere Eisenzeit) gewonnen werden. Neben verschiedenen Getreidearten wurden Hülsenfrüchte sowie Öl- und Faserpflanzen verarbeitet. Dazu gehört die mehrzeilige Spelzgerste als Sommergetreide und Dinkel als Wintergetreide. In geringerem Umfang wurden auch Emmer, Einkorn und freidreschender Weizen sowie Rispen- und Kolbenhirse angebaut. Für die Eiweißversorgung dienten Erbsen, Linsen, Ackerbohnen und Linsenwicke, während Lein, Leindotter, Schlafmohn und Rübenkohl als Öl- und Faserpflanzen genutzt wurden. Für den Geschmack und zur Vitaminversorgung kamen Gartenpflanzen wie Petersilie, Dill und Sellerie hinzu. Aus der Siedlung am Dürrnberg (Österreich) stammt zudem der Nachweis von Kümmel. So war auch eine weitgehend fleischlose und dennoch ausgewogene Ernährung möglich.
Zu den Nutztieren zählten neben Rind und Schwein auch Ziegen und Schafe. Obwohl die eisenzeitlichen Rinder mit einer Widerristhöhe von maximal 1,20 m bedeutend kleiner waren als die heutigen Exemplare, waren sie dennoch kräftig und ausdauernd und konnten zunächst als Milchvieh oder Last- und Zugtiere eingesetzt werden, bevor sie geschlachtet wurden. Vermutlich dienten aber eher Schweine, Schafe und Ziegen als Fleischlieferanten, die man sich in der Eisenzeit schlanker und hochbeiniger vorstellen muss.
Im Gegensatz zu vorhergehenden Epochen tritt in der Eisenzeit erstmals auch das Huhn auf den Plan. Vermutlich gelang es durch den Handel am Mittelmeer aus Ost- und Südostasien bis in die Regionen nördlich der Alpen.
Gemessen an der geringen Anzahl muss man davon ausgehen, dass Hühner in der frühen Eisenzeit eher als exotisch galten und noch kein alltägliches Nahrungsmittel darstellten. Vermutungen über den Verbreitungsweg des Huhns werden von wenigen Einzelfunden untermauert, die auch den Verzehr von Feigen und Koriander belegen.

Zulieferung war schon damals notwendig
Die Modellberechnung ergab auch, dass viele der keltischen Zentralorte von Nahrungsmittellieferungen aus den umliegenden Regionen abhängig waren. Sie hatten schlicht nicht genügend landwirtschaftliche Kapazitäten, um sich komplett selbst zu versorgen. Das landwirtschaftliche Potenzial, also die Menge an Menschen, die ernährt werden konnten, wird aufgrund der Berechnungen mit 80-170 Personen pro Quadratkilometer angegeben. Das entspricht in etwa der Bevölkerungszahl im 19.Jahrhundert. Zum Vergleich: der heutige Landkreis Sigmaringen hat aktuell eine Bevölkerungsdichte von 109 Menschen pro Quadratkilometer.

Es ist schwierig aus den aufgezeigten Datenquellen einzelne Rezepte zu rekonstruieren. Dennoch kristallisieren sich drei verschiedene Hauptkombinationen von pflanzlichen Lebensmitteln heraus, wie es die Untersuchungen vom Dürrnberg zeigen: nur Getreide, Getreide mit Obst oder Getreide mit Hülsenfrüchten. Zudem konnten die Gerichte mit – vermutlich wild wachsenden – Kräutern und Gewürzen verfeinert werden.

Kelten-Rezept zum Nachkochen
Anhand von Speiseüberresten aus einer Grabung in Basel-Gasfabrik (Schweiz) haben WissenschaftlerInnen ein Rezept entwickelt, wie es die Kelten gegessen haben könnten.

CEREALIEN-EINTOPF MIT GEMÜSE UND HAGEBUTTENMARK

1,5 bis 2 l Brühe gekocht aus Suppenhuhn, Kalbsfuss, Rindsknochen, Petersilienwurzel, Salz
(ersatzweise: Instant-Hühnerbrühe)

30 g geräucherter Speck

5 g ausgelassene Butter

50 g Lauch

50 g Knollensellerie

100 g Rollgerste
(oder Rollgerste und Hirse im Verhältnis 2:1)

50 g Hagebuttenmark, ungesüßt

1 bis 1½ TL Kümmelsamen, im Mörser geschrotet

Speck, Lauch und Sellerie klein schneiden.
Den Speck in der Butter auslassen; Gemüse dazugeben und einige Minuten mitdünsten; die Gerste dazugeben, kurz anrösten.
Mit ca. ½ l heißer Brühe ablöschen; gut umrühren.
Auf kleiner Flamme köcheln lassen, dabei bei Bedarf etappenweise von der warmgehaltenen Brühe dazugeben (Prinzip 'Risotto').
Nach 40 Minuten Kochzeit: Hagebuttenmark und Kümmel und (wenn gewünscht) die Hirse dazugeben; weiter köcheln bis die Gerste weich ist. Kochzeit total: 60 bis 75 Minuten.
Abschmecken: mit wenig Salz und Kümmel.
Eignet sich als Eintopfspeise für 2 oder als Beilage zu Lamm- oder Wildfleisch für 4 Personen.

Hinweis: Das Hagenbuttenmark gibt es im Oktober/November frisch auf dem Markt, ansonsten gefroren oder als Konserve im Reformhaus.

Copyright by Prof. J. Schibler/Dr. A. Morel, 2011
(https://www.archaeologie.bs.ch/dam/jcr:ce903045-8217-4a88-97a7-e58c1939da4e/Rezeptblatt.pdf)


Literatur/Quellen
Rinder, Körner, Schweinespeck – Landnutzung und Ernährung in der Eisenzeit. Archäologie in Deutschland 5/2010, 34-37.
N. Boenke, Ernährung in der Eisenzeit. Ein Blick über den Tellerrand. In: R. Karl, J. Leskovar (Hrsg.), Interpretierte Eisenzeiten – Fallstudien, Methoden, Theorie. 1. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich Folge 18 (Linz 2005), 241-256.
https://www.archaeologie.bs.ch/dam/jcr:ce903045-8217-4a88-97a7-e58c1939da4e/Rezeptblatt.pdf

https://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Sigmaringen#cite_note-Metadaten_Einwohnerzahl_DE-BW-1