Um heute einen Fluss wie den Main oder die Regnitz zu überqueren, muss man oft nicht lange nach einer Brücke suchen. Alle paar Kilometer spannen sich moderne Betonbrücken über die Gewässer und erleichtern uns allen die Fortbewegung. Dieser Luxus ist allerdings ein recht neues Phänomen, denn noch bis in das 20. Jahrhundert waren Brücken nicht annähernd so häufig, wie es heute der Fall ist.
Für die mittelalterlichen Menschen war die Überquerung eines Flusses noch wesentlich schwieriger. An seichten Stellen konnte man zu Fuß oder mit dem Ochsenkarren den Fluss durchfahren. Solche Furten waren infrastrukturelle Knotenpunkte, so dass sich hier schnell Siedlungen bildeten, wodurch noch mehr Menschen und Waren an dieser Stelle den Fluss durchqueren mussten. Es gab aber auch Stellen, bei denen ein einfaches Durchwaten nicht möglich war und auch der Bau einer Brücke nicht in Frage kam, da sie für die Menschen vor Ort zu teuer oder eine Konstruktion hier nicht möglich war. In diesen Fällen konnten die mittelalterlichen Anwohner des Mains auf Fähren zurückgreifen. Sie boten eine einigermaßen sichere, bequeme und schnelle Überquerung des Flusses, auch wenn diese deutlich teurer war, als einfach durch den Fluss zu waten.

Alter
Die älteste sichere Nennung einer Fähre im Maingebiet findet sich für Lengfurt bei Marktheidenfeld im Landkreis Main-Spessart. Das dortige Kloster hat im Jahr 1102 ein Fährrecht schriftlich gewährt. Die ältesten archäologisch untersuchten Funde von Fähren im Maingebiet konnten auf das 7. Jahrhundert datiert werden, also deutlich vor der Lengfurter Erstnennung.
Es ist davon auszugehen, dass es in Franken bereits vorher weit mehr Fährverbindungen über Flüsse gegeben hat. Diese sind allerdings wegen fehlender Schriftquellen meisten nicht nachweisbar. Bis zum 19. Jahrhundert nimmt die Anzahl an Fähren stetig zu, so dass um 1900 etwa 180 Fährverbindungen über den Main zählen kann. Damit war etwa alle 7-8 Flusskilometer ein Übersetzen möglich.

Mittelalterlicher Einbaum, gefunden in Zapfendorf, Landkreis Bamberg

Konstruktion
Die Fährmänner verrichteten ihre Arbeit teils mit einfachen Booten bzw. Einbäumen, wie sie auch von Fischern oder Händlern benutzt wurden. Solche Boote konnten aber auch recht große Ausmaße annehmen. In der Nähe von Stettfeld (Landkreis Haßberge) wurde ein karolingischer Einbaum mit einer Länge von mindestens 14m und einer Breite von 68cm gefunden.Es kamen aber auch schwimmende Plattformen zum Einsatz, die größere Lasten wie Karren und mehrere Personen aufnehmen konnten. Solche Plattformen bestanden aus mehreren ausgehöhlten Einbäumen, die mittels Bohrungen oder Ausstemmungen durch Querstreben verbunden wurden, worauf eine hölzerne Plattform lagerte. Die Einbäume bildeten dabei die Schwimmkörper mit herausgearbeitetem Heck, Bug und Rumpf. Das Prinzip erinnert an Katamarane und hatte den Vorteil, dass das Gefährt stabil im Wasser lag und nur eine geringe Gefahr hatte zu kentern.

Rekonstruktion einer „Plattformfähre“ nach einem Fund in Kleinwelzheim aus dem 15. Jahrhundert

Antrieb
Wo es möglich war, wurden die Fähren über den Fluss gestakt, d.h. der Fährmann stieß sich mit einem langen Stab vom Flussbett ab. Bei höheren Fließgeschwindigkeiten konnte mittels Gierseilen die Flussströmung ausgenutzt werden. (Vergleichbar mit der heutigen Fußgängerfähre zwischen Mühlwörth und Leinritt über die Regnitz in Bamberg) Manchmal wurden die Fähren auch nur mit einem über den Fluss gespannten Seil verbunden, um ein Abtreiben zu verhindern.

Fähren waren mindestens seit dem frühen Mittelalter über einen langen Zeitraum zentraler Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur in Nordbayern. Sie blieben dies sogar bis in jüngste Zeit und wurden beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg als Notlösung für das Überqueren trotz gesprengter Brücken eingesetzt. Die meisten Fähren gingen mit dem Ausbau weiterer Brücken nach und nach außer Betrieb. Nur noch vereinzelt findet man sie noch heute, wie zum Beispiel bei Pettstadt im Landkreis Bamberg.