Bereits seit dem frühen Mittelalter bemühten sich die Landesherren die Versorgung mit Pferden für sich, ihren Hofstaat und die Bevölkerung sicher zu stellen. Wie wichtig dies für das Funktionieren einer Gesellschaft war, zeigte der erste Teil von „Kein Königreich ohne Pferd"

Der Bedarf an Pferden vermehrte sich im Verlauf der frühen Neuzeit zusehends. Der überregionale Handel war gestiegen und die Bevölkerung war nach der Pest des 14. Jahrhunderts wieder angewachsenen. Auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurden nun größere berittene Einheiten standardmäßig eingesetzt.

Markgrafentum Bayreuth
Die Bayreuther Hofordnung von 1542 stellt eine gute Quelle dar, um mehr über Zucht und Versorgung von Pferden im Markgrafentum Bayreuth zu erfahren. Die Oberaufsicht über die markgräflichen Pferdezuchtanlagen hatte ein Marschalk – seit 1412 bis zum Ende des Markgrafentums war dies jeweils ein Mitglied der Familie von Sparneck. Ihm unterstellt war ein meist adliger Stallmeister, der das Personal überwachte und Gelder verwaltete. Zu einem markgräflichen Gestüt gehörten neben dem Stallmeister noch ein Reitschmied, zwei Pferdeknechte, ein Fuhrknecht, ein Wagenknecht und ein Trompeter, die sich zusammen um etwa 60-80 Pferde pro Anlage kümmerten. Für den Zeitraum von 1528 bis 1532 wissen wir, dass von den 81 Pferden auf der Plassenburg (davon 71 Reit- und 10 Wagenpferde) 36 im Übermaß gefüttert wurden (zusätzliche Portion Hafer). Sie wurden stärker beansprucht als die anderen dort gehaltenen Pferde.

Fayenceplatte der Markgräflich Ansbachischen Manufaktur mit Beizjagdszene. Im Hintergrund Burg Sparneck – Stammsitz der markgräflichen Marschälle der Familie Sparneck. 1736/40 (Quelle: M Meinz/K. Strauss, Jagdliche Fayencen deutscher Manufakturen, Tafel 2, Hamburg 1976)
Georg Wilhelm von Bayreuth in der Uniform des fränkischen Kürassieregiments 1702 (Quelle: Politik - Repräsentation - Kultur. Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth (1644-1712), S. 14)

Enormer Aufwand und Kosten
Im Jahr 1542 waren für 45 Pferde 600 Sümmer (ca. 5,2 Tonnen) Hafer, 90 Fuder Heu und 100 Schock Stroh vorgesehen. Allein für den Hufbeschlag wurden 80 Gulden veranschlagt, was etwa dem 1,5fachen Jahresgehalt eines guten Handwerkers entsprach. Für sonstige Unterhaltskosten kamen noch einmal 830 Gulden hinzu.
Die Pferde wurden nicht nur sehr kostspielig, sondern auch sehr aufwändig umsorgt. Für die Jungpferde des Markgrafen wurden nur die besten Weiden ausgewählt. 1749 zum Beispiel wurde in der Nähe des Rauhen Kulm bei Neustadt am Kulm (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) extra ein großer steinerner Stall errichtet, sowie ein Großteil des Bergs eingezäunt, da hier besonders nahrhafte Wiesen mit gutem Kräuterbewuchs vorhanden waren. Dabei handelte es sich um die Verlegung eines kompletten Gestüts vom etwa 30 km entfernten markgräflichen Stall in Thiergarten bei Bayreuth.
Ein ähnlicher Aufwand bei der Versorgung der Pferde wurde im ebenfalls markgräflichen Gestüt Lichtenau bei Ansbach betrieben. Hier liegen auch Quellen zur Herkunft der Zuchthengste vor: Die Hengste unter den 206 Pferden, die 1727 dort untergebracht waren, wurden aus den besten Blutlinien Europas eingekauft. Nachweislich ein neapolitanischer Schimmel, zwei kastanienbraune Hengste aus dem fürstlich liechtensteinischen Gestüt Hohenau in Niederösterreich, ein Mohrenkopf aus Dänemark und ein als "Spannier" bezeichnetes Pferd, das wohl allgemein so bekannt war, dass es keiner weiteren Beschreibung bedurfte.

Professionalisierung unter staatlicher Kontrolle
Unter Markgraf Friedrich Christian wurde eine radikale Änderung in der markgräflichen Pferdezucht eingeführt. Die private Hengsthaltung wurde verboten, womit die Qualität der gezüchteten Pferde erhöht werden sollte. Die als Gaureiter bezeichneten Zuchthengstbesitzer zogen von Dorf zu Dorf, um ihren Hengst zur Deckung der bäuerlichen Stuten anzubieten. Dabei kamen auch Hengste zum Einsatz, die nicht der markgräflich erwünschten Qualitätssteigerung des Nachwuchses entsprachen, was durch das Verbot der privaten Haltung unterbunden werden sollte. 1774 gab es in der Markgrafschaft 18 sogenannte Beschälstationen mit 86 Hengsten – mehr als im gesamten Bayern.

Zentrum der „Pferdeindustrie" in Europa
Die Ansbach-Bayreuthischen Marschälle importierten Hengste, die zu "hübschem und gewandtem" Nachwuchs führen sollten. Unter anderem aus dem Banat im heutigen Rumänien, aus der Türkei, Arabien und später auch aus England. Die markgräfliche Pferdezucht war so erfolgreich, dass ihr Ruf in ganz Europa verbreitet war und schließlich Pferdehändler aus Frankreich, der Schweiz und Österreich zum Ansbacher Pferdemarkt kamen, um sich die besten Fohlen zu sichern.
Markgraf Christian Friedrich Karl Alexander von Ansbach-Bayreuth trat 1791 gegen eine Leibrente die Gebiete an das Königreich Preußen ab, um sich in England als Privatmann der Pferdezucht zu widmen. Kurz darauf wurden die markgräflichen Zuchtanstalten aufgelöst und nach Berlin bzw. in die königlich-preußische Zuchtanstalt Trakehnen im heutigen Lithauen verlegt. Mit dem Ende der markgräflichen Zuchtanstalten verlor die Region ihre Führungsrolle in der Pferdezucht – und dazu einen beträchtlichen Anteil der Staatseinnahmen. Der Umfang des finanziellen Verlustes und der wirtschaftlichen Folgen der Auflösung dieses Zentrums europäischer „Pferdeindustrie" kann durchaus auf die Bedeutung der Automobilindustrie der Gegenwart übertragen werden.