Menschen tragen seit Jahrtausenden Schmuckstücke, um sich festlich herauszuputzen, den eigenen Status zu zeigen oder ihre Attraktivität zu steigern. Schmuck als archäologischer Fund hat dabei oft einen besonderen Vorteil. Denn die Formen von Gegenständen des täglichen Bedarfs, wie zum Beispiel von Hammer oder Löffel, waren an ihre Funktionen angepasst und veränderten sich über lange Zeit kaum. Schmuckstücke hatten dagegen die Funktion ihren Träger zu verschönern und unterlagen dabei aktuellen Strömungen und modischen Schwankungen. Daher können heute deutliche chronologische und kulturelle Unterschiede festgestellt werden und bieten sich sehr gut zur Datierung an.

Eine wichtige Gruppe solcher Schmuckstücke stellen Kopfschmuckringe dar. Sie finden sich im slawisch geprägten Teil Zentraleuropas im frühen Mittelalter, östlich des heutigen Bayern noch deutlich länger bis ins hohe Mittelalter. Kopfschmuckringe (früher auch als Schläfenringe bezeichnet) sind meist aus Buntmetall oder Silber, seltener aus Eisen geformte ringförmige Anhänger. Die Herstellung erfolgte meist durch das Biegen von Draht, bei manchen Formen sind sie auch gegossen worden. Die modebewusste slawische Frau in der heutigen Oberpfalz und Oberfranken trug sie zwischen dem späten 8. und frühen 11. Jahrhundert als Kopfschmuck. Die Ringe wurden meist paarweise auf einem Leder- oder Stoffband befestigt und auf Stirnhöhe getragen.  

Unterschiedliche Arten
Es existieren zahlreiche Typeneinteilungen und Untergruppen, die meist nach Schließkonstruktion und Ringdurchmesser unterschieden werden. Die beiden wichtigsten sind die sogenannten Haken- und S-Schleifenringe.
Hakenringe

Hakenringe sind Drahtringe mit einem einfachen Verschluss, bei dem die Enden des Ringes zu Haken umgebogen wurden. Manche Haken sind sehr schlicht, bei manchen ist die Ösenspitze des Drahts zu einer leichten Kurve gebogen, andere Varianten tragen nur an einem Ende einen Haken, das andere ist stumpf oder verjüngend gestaltet. Diese Ringe finden sich seit der Merowingerzeit in Mitteleuropa und wurden auch häufig in karolingisch-ottonischen Begräbnisstätten gefunden. Hakenringe tauchen also vom 5. bis ins 10. Jahrhundert auf und können deswegen nicht als alleiniges Hilfsmittel zur Datierung herangezogen werden.
S-Schleifenringe

Eng verwandt mit den Hakenringen sind die S-Schleifenringe. Bei diesen ist eine der Ösen um ein Teilstuck erweitert. Diese meist S-förmige Erweiterung kann volutenförmig oder ein- bis zweifach S-förmig aufsteigend gearbeitet sein. Die Formenvielfalt innerhalb der S-Schleifenringe ist beachtlich. Die Schleife selbst kann aus breit ausgehämmertem Draht hergestellt sein. Die Verwendungszeit der S-Schleifenringe ist nicht durch schnellen Wechsel der Formen gegliedert. Vielmehr lassen sie sich bestimmten Regionen zuordnen und so kann wenigstens innerhalb Nordostbayerns eine recht klare Unterteilung getroffen werden. So taucht zum Beispiel eine Variante mit einer stärker ausgeprägten Ösenschlaufe nur in der Main-Regnitz-Region auf. Eine andere Form mit einer einfach gerollten Schleife und einen meist quer zur Ringebene stehenden Haken findet sich dagegen sowohl in der Oberpfalz als auch in den westlich gelegenen Gebieten.

Drahtring mit S-Schleife und verschliffenem Knöpfchenende (Heidenreich Anja, Ein slawischer Friedhof mit Kirche auf dem Barbaraberg im Landkreis Neustadt/Waldnaab, 1998, S. 131, Abb. 9.3)
Drahtring mit S-Schleife und Knöpfchenende (Heidenreich Anja, Ein slawischer Friedhof mit Kirche auf dem Barbaraberg im Landkreis Neustadt/Waldnaab, 1998, S. 131, Abb. 9.4)

Durchmesser
Neben dem Verschluss spielt auch der Durchmesser des Rings und des Ringkörpers eine Rolle bei der Datierung des Fundes. Der Durchmesser des Ringkörpers kann von 4 bis über 5,5 cm variieren. Dabei kann die Gestaltung stark variieren: von gleichmäßig großer Drahtstärke, über anhaltender Verjüngung von einem zum anderen Ende oder eine stellenweise Verdickung. Die Drahtstärke liegt meist zwischen 1 und 2 mm, wobei auch eher massive Ringe mit einem Durchmesser von 4 mm auftreten.

Besondere Bedeutung
Die Durchmesser der Ringe, sowie ihre Anordnung am Kopf scheinen wichtige Elemente des weiblichen Schmucks zu sein. Auch die Häufigkeit der Funde belegt ihre Bedeutung, denn etwa 50 Prozent der Frauengräber mit Beigaben weisen mindestens einen Kopfschmuckring auf. Die Ringe selbst wurden auch verziert. So finden sich Drahtwicklungen, aufgeschobene Blech- und Holzperlen und gepunzte Muster auf den Ringen. Es wurden auch Exemplare ausgegraben, bei denen der Draht innerhalb eines Segmentes zu Schlaufen gebogen war, woran Pendilien oder Ketten eingehängt wurden.

Allerdings kann man aus den Vorkommen von Kopfschmuckringen in Gräbern nicht unbedingt auf die Anwesenheit slawischer Ethnien zurückschließen. Denn diese Form des Kopfschmucks breitete sich seit der Merowingerzeit in ganz Mitteleuropa aus. Besonders bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist ein Umstand, der noch weit nach Ende des Mittelalters zu beobachten war. Im Saargau – zwischen unterer Saar und oberer Mosel – trugen die Frauen zu ihrer Festtagstracht noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Ohrringe, die in ihrer Form den Kopfschmuckringen mit stumpfem Ende und aufgeschobener Perle entsprachen.
Kopfschmuckringe aus dem Friedhof von Altenkunstadt, Landkreis Lichtenfels (Zittlau u.a., Die Ausgrabung im Chor der Pfarrkirche von Altenkunstadt, S. 109, Abb.3)