Parasiten waren schon immer ein steter Begleiter des Menschen. Und damals wie heute haben sie oft etwas mit Lebensumständen, Hygienebedingungen, Ernährungsgewohnheiten und vieles mehr zu tun. Daher ist es für die Archäologie besonders interessant, dass Analysen verschiedener Funde bereits für die Jungsteinzeit im 4. Jahrtausend v.Chr. die ungebetenen Schmarotzer nachweisen.
Als Parasiten werden alle Erreger und Überträger bezeichnet, die nicht zu den Viren, Bakterien und Pilzen gehören. Dazu zählen relativ hoch entwickelte Organismen (Protozoen), die zum Beispiel Malaria, Amöbenruhr oder auch die Schlafkrankheit auslösen können. Hinzu kommen Eingeweidewürmer (Helminthen) und Gliederfüßler (Arthropoden), wie Zecken, Läuse, Wanzen und Flöhe.

Erkenntnisse für die Archäologie
Für die Archäologie dienen Parasiten nur unter bestimmten Bedingungen als Informationsquelle. Wie alle organischen Reste sind sie in den meisten Fällten nicht erhalten. Daher finden sie sich lediglich in Mumien, Exkrementen, Textilresten sowie in Sedimenten aus Gräbern, Latrinen oder Abfallgruben. Auch hier werden sie nur in Zusammenhang mit Eis, Salz, durch Luftabschluss oder extreme Trockenheit konserviert. In Erdsedimenten sind sie nur dann erhalten, wenn sie durch bestimmte chemische oder physikalische Prozesse nicht verrotten.
Sind aber entsprechende Proben erhalten, können sie mit Hilfe mikroskopischer Aufnahmen untersucht werden. Meistens finden sich dabei die Eier der Parasiten, ob im menschlichen Körper oder bereits ausgeschieden. Über die Eier kann die Parasitenart und auch die Stärke des Befalls bestimmt werden. Die gewonnenen Informationen helfen den WissenschaftlerInnen Erkenntnisse über Krankheiten von Menschen und Tieren zu gewinnen und darüber die damaligen Lebensbedingungen, vor allem in Bezug auf die hygienischen Verhältnisse zu rekonstruieren.

Menschliche Exkremente aus dem Bergwerk Hallstatt. Durch den hohen Salzgehalt im inneren der Salzabbaustelle wurden die Hinterlassenschaften konserviert. (Hörweg et al 2008, 101)

Salzbergwerke bieten perfekte Konservierung
Gute Erhaltungsbedingungen bieten zum Beispiel die eisenzeitlichen Salzbergwerke, wie sie aus Hallstatt oder vom Dürrnberg bei Hallein bekannt sind. Hier konnten in menschlichen Exkrementen in großer Anzahl Eier verschiedener Eingeweidewürmer nachgewiesen werden. Dazu zählen der Peitschenwurm (Trichuris trichiura), der Spulwurm (Ascaris lumbricoides), der Rinder- oder Schweinebandwurm (Taenia sp.) sowie der große und der kleine Leberegel (Fasciola hepatica und Dicrocoelium dendriticum).

Die Besiedlung des menschlichen Körpers durch Peitschenwurm und Spulwurm erfolgt in der Regel über eine orale Aufnahme. Zuvor müssen die Eier der Parasiten jedoch mehrere Wochen unter ausreichender Sauerstoffzufuhr reifen, um infektiös zu werden. Das bedeutet, dass eierhaltige Exkremente über einen längeren Zeitraum in unmittelbarer Nähe der Menschen gelegen haben müssen. Daraus lässt sich schließen, dass die Ausscheidungen nicht sorgfältig entsorgt wurden und die hygienischen Bedingungen eher schlecht waren.

Der Befall mit Rinder- oder Schweinebandwürmern erfolgt dagegen über den Verzehr von rohem oder nicht ausreichend gegartem Fleisch, was Hinweise auf die Essgewohnheiten liefert. Das gilt auch für den kleinen Leberegel, der über nicht gekochte Pflanzen in den menschlichen Körper gelangt, indem zum Beispiel kleine Ameisen – dem Zwischenwirt – versehentlich mitgegessen wurden. Auch der Verzehr von roher Schafsleber kann zu einem Befall führen. Allerdings ist beim Leberegel noch nicht geklärt, ob es sich tatsächlich um einen parasitären Befall handelt. Seine Eier können ohne große Veränderung den Verdauungstrakt passieren und wieder ausgeschieden werden.

Präparierter Spulwurm. (Hörweg et al 2008, 100)

Die gesundheitlichen Auswirkungen der genannten Parasiten können zwar zu tödlichen Krankheiten, wie Bauchspeicheldrüsenentzündung oder zu lebensgefährlichen Folgeerscheinungen, wie durch das Abwandern der Schweinbandwurmlarven in das Gehirn führen. Meistens beschränken sie sich jedoch auf Koliken und Bauchschmerzen sowie Verstopfung oder Durchfall. Es ist daher anzunehmen, dass die Menschen aktiv etwas gegen diese Beschwerden unternommen haben. So lassen zum Beispiel in einem Salzbergwerk gefundene Pestwurzbündel den Schluss zu, dass durchaus versucht wurde die Symptome des Parasitenbefalls zu lindern. Pestwurz wird in der Volksmedizin gerne zur Linderung von Bauchschmerzen eingesetzt. Unklar bleibt allerdings die Frage, ob die Menschen den Zusammenhang zwischen ihren Beschwerden und den Parasitenbefall erkannt haben. Manche Eingeweidewürmer wie der Peitschenwurm oder die Glieder des Bandwurms sind mit bloßem Auge sichtbar. Ein Erkennen des Zusammenhangs erscheint zumindest möglich.

Auch bei Ausgrabungen von jungsteinzeitlichen Ufersiedlungen an Seen in der Schweiz und Südwestdeutschland konnte ein Parasitenbefall der Bevölkerung nachgewiesen werden. Da sich in den verschiedenen Siedlungen unterschiedliche Parasiten befanden, kann man darüber Rückschlüsse auf die menschliche Migration und einen möglichen einhergehenden Kulturwandel ziehen.

Blatt des Pestwurz aus dem Bergwerk Hallstatt. Am Stiel des Blattes befinden sich Reste der Schnur mit der das Blatt zusammengerollt war. (Aspöck 2001, 219)

Literatur
H. Aspöck, Krankheiten durch Parasiten in der prähistorischen Bevölkerung in Mitteleuropa. In: F. Daim/Th. Kühtreiber (Hrsg.), Sein und Sinn, Burg und Mensch. Niederösterreichische Landesausstellung 2001. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 434 (St. Pölten 2001), 211-215
H. Aspöck/H. Auer/J. Walochnik, Parasiten und parasitäre Erkrankungen des Menschen in Mitteleuropa im Überblick. Denisia 6, zugleich Kataloge des OÖ. Landesmuseums, Neue Folge 184 (2002), 33-74.
Ch. Hörweg/H. Sattmann/H. Aspöck/O. Picher, Prähistorische Exkremente. Der Mensch und seine Parasiten. In: A. Kern/K. Kowarik/A. W. Rausch/H. Reschreiter (Hrsg.), Salz-Reich. 7000 Jahre Hallstatt (Wien 2008), 100-101.
Matthieu Le Bailly, Urs Leuzinger, Helmut Schlichtherle, and Françoise Bouchet "Diphyllobothrium: Neolithic Parasite?," Journal of Parasitology 91(4), 957-959, (1 August 2005). https://doi.org/10.1645/GE-3456RN.1
Le Bailly M., Leuzinger U., Schlichtherle H. & Bouchet F. 2007. – « Crise économique » au Néolithique à la transition Pfÿn-Horgen (3400 BC) : contribution de la paléoparasitologie. Anthropozoologica 42 (2) : 175-185.
Christine Pümpin, Paläoparasitologie anhand von Dünnschliffen aus archäologischen Sedimenten. Tagungsposter. IPNA Universität Basel