Die Angst der Lebenden vor den Toten ist eine zutiefst menschliche Gefühlsregung und findet sich in allen Kulturen der Welt wieder. Auch im mittelalterlichen Nordbayern gibt es Hinweise darauf, dass die lokale Bevölkerung sich davor fürchtete von den Verstorbenen nach ihrem Tod heimgesucht zu werden. Um diese als Wiedergänger bezeichneten Toten von ihrem Tun abzuhalten wurde so einiges unternommen.

Für Menschen des frühen Mittelalters war die Gefahr nach dem Tod zum Wiedergänger zu werden ein allgegenwärtiges Problem. Jeden konnte dieses Schicksal treffen. Um dies zu vermeiden war es ungeheuer wichtig die jeweils lokal gültigen Riten der Bestattung einzuhalten, die richtigen Beigaben mitzugeben und die gewohnten Kult-, Trauer- und Klagehandlungen zu vollziehen.
Ansonsten bestand die Gefahr, dass der Verstorbene den Lebenden mahnend erschien und sich für das Ausbleiben einer richtigen Bestattung rächte. Bei besonders bösartigen Menschen war aber auch eine reguläre Bestattung kein ausreichender Schutz vor einer Wiederkehr des Toten. Das Umherwandeln des Toten galt als eine Form des irdischen Fegefeuers. Die Schäden, die ein Wiedergänger anrichten konnte, sind vielfältig: Vom Verenden des Viehs, Ausbleiben von Milch und Nachwuchs bei Kühen, Verdorren der Ernte auf dem Feld, ungewöhnliche Wettereignisse wie Starkregen, Hagel, Blitzschlag oder Krankheiten der Bewohner. Folgte ein solch negatives Ereignis unmittelbar auf den Tod einer Person, wurde es als Indiz für ihre Wiederkehr gesehen. Nun galt es den Wiedergänger zu bannen und die Menschen waren dabei sehr einfallsreich.

Von Pfählung bis Enthauptung
Unter den Wiedergängern verstand man im frühen Mittelalter keine Gespenster, sondern wahrhaftig umherwandelnde Leichname. Daher war es naheliegend Maßnahmen zu ergreifen, um den Verstorbenen von einem Aufstehen aus dem Grab abzuhalten. Dabei schöpften die Menschen aus einer reichhaltigen Ideenpalette.
Einem Bericht von Bischof Burchard von Worms (*965 +1025) zufolge, wurden Frauen im Grab gepfählt, die bei der Geburt ihres Kindes verstorben waren. Sie sollten so davon abgehalten werden, ihrem überlebenden Säugling als Wiedergänger Schaden zuzufügen.
Im Fall des frühmittelalterlichen Reihengräberfelds von Mockersdorf (Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab, Oberpfalz) findet sich eine ganze Reihe unterschiedlicher Wiedergängerbestattungen. Eine Person wurde bereits bei ihrer Beerdigung auf dem Bauch liegend beigesetzt, so dass sie nicht an die Oberfläche aufsteigen konnte. Ein anderes Grab wurde nachträglich wieder geöffnet, der Leichnam geköpft und der Schädel auf dem Unterarm aufgespießt.
Das Grab einer Frau, die zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 35 und 40 Jahre alt war, wurde gleich mehrfach geöffnet. Zuerst wurde der Leichnam enthauptet und der Schädel etwas abseits des Körpers deponiert. Bei einer weiteren Öffnung wurde etwa ein Dutzend große Felsbrocken auf den Körper gelegt.

Detailfoto der Bestattung mit auf dem Unterarm aufgespießtem Unterkiefer. Der Schädel ist im Zuge der Verrottung nach hinten verkippt. (Brundke Taf 16.2)
Bestattung mit Steinpackung im Bereich des Oberkörpers. (Brundke Taf 16.1)

Mit der zunehmenden Christianisierung veränderte sich auch der Umgang mit dem Phänomen der Wiedergänger. In der Vorstellungswelt der Bevölkerung waren sie nun nicht mehr umherwandelnde Leichname, sondern Gespenster. So war eine Manipulation von Gräbern oder Körper nicht mehr nötig. Die Mittel der Wahl waren nun Gebete, gelesene Messen oder das Anbringen christlicher Symbole, um die Geister zu bannen.

Mit der Überwindung solcher archaischen Praktiken ab der frühen Neuzeit, hörte auch der Glaube an gruselige wandelnde Leichen auf. Doch die eher künstlerische Vorstellung von umherirrenden Untoten hat sich bis heute gehalten und findet sich in der gegenwärtigen Pop-Kultur in unterschiedlichsten Variationen wieder.


Literatur:
Lexikon des Aberglaubens, Bd. 9, S.570-578.
Brundke 2013: N. Brundke, Das mittelalterliche Gräberfeld Mockersdorf – Archäologie im Schatten des Rauhen Kulm, in: Archäologische Beiträge zur Siedlungsgeschichte 3, Pressath 2013.