Ein Haus, das 300 Jahre Geschichte überdauerte, zahlreiche Besitzerwechsel erlebte und zu einem Einzeldenkmal wurde. Und dann März 2019: Ein Stück der Außenfassade brach heraus. Die Bewohner mussten evakuiert werden. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk mussten Stützkonstruktionen an der Außenfassade und im Innenraum anbringen, um Schlimmeres zu verhindern. Es ist das traurige Ergebnis jahrelanger Vernachlässigung.

Die nun folgenden denkmalschutzgerechten Sanierungs- und Umgestaltungsmaßnahmen mussten entsprechend archäologisch begleitet werden. Die Untersuchung übernahmen Archäologen von IN TERRA VERITAS im Januar und Februar 2020. Im Inneren des Gebäudes stießen sie dabei auf Überreste und Funde aus den vielen verschiedenen Nutzungsphasen des Anwesens in den letzten Jahrhunderten.

Befund 28 stellt vermutlich die Überreste einer ummauerten Gerbergrube aus der Mitte des 18. Jahrhunderts dar

Das Haus wurde immer wieder unterschiedlich genutzt

Das jetzige Bestandsgebäude wurde 1719 durch den Braumeister Johann Wolfgang Weber errichtet. Nur sechs Jahre später wird es allerdings wieder verkauft, womit ein in Generationen voranschreitender Wechsel der Besitzer mit unterschiedlichsten beruflichen Tätigkeiten eingeläutet wird. Nach dem Brauer folgten Strumpfwirker, Gerber, Drechsler, Fuhrmann, Kaufmann, Nadlermeister oder Viktualienhändler. Bei der Ausgrabung in den Innenräumen des Hauses stießen die Wissenschaftler unter anderem auf ummauerte Gruben. Vermutlich handelt es sich dabei um Überreste von Gerbergruben, die auf die nachgewiesene Nutzungsphase als Rotgerberei zwischen 1744 und 1765 zurückzuführen sind. Die Gerberbottiche selbst wurden entfernt, die Gruben mit Aushub verfüllt und darüber ein Holzfußboden verlegt, auf dem der neue Besitzer seine Drechslerei einrichtete.

Einige Funde erleichtern die Datierung

Auch einzelne Funde konnten aus den verschiedenen Schichten geborgen werden, was eine genauere chronologische Einordnung der verschiedenen Straten und Strukturen erlaubte. So wurden zum Beispiel Bruchstücke eines Fayencetellers aus der Zeit um das späte 17. Jahrhundert bis etwa 1725 gefunden. Außerdem kamen zahlreiche Scherben beidseitig glasierter Gefäßkeramik zum Vorschein, wie beispielsweise das Fragment eines Tellers mit einem lange Zeit beliebten Muster. Neben stratigraphischen Überlegungen und anderen Scherben der gleichen Schicht, muss man davon ausgehen, dass das Bruchstück zwischen 1650 und 1750 in den Boden kam. Für die Datierung der ausgegrabenen Schichten war ein Fund von besonderer Bedeutung: Eine 4 Pfennig Münze, der Schwabacher Münzprägestätte von 1766..

Nach dem Abschluss der denkmalgerechten Sanierungsarbeiten soll das Haus wieder zur Nutzung als Wohngebäude übergeben werden.

4-Pfennig-Münze aus der Schwabacher Münzprägestätte von 1766
Fragmente eines Fayencetellers
Fragment eines Tellers mit dem beliebten Ornament