Wie die Kupferzeit aus dem Orient nach Europa kam

Bei der Entwicklung der Metallurgie denkt man in Mitteleuropa häufig eher an die Bronze- oder Eisenzeit. Die Kupferzeit geht dagegen durch ihre geringe Anzahl an Funden eher unter. Der Abbau und das Know-how über die Verarbeitung von Kupfer entstand vor etwa 8000 Jahren im Vorderen Orient und hat sich danach langsam über Südosteuropa bis zu uns verbreitet.

Eines der frühesten europäischen Zentren der Verarbeitung von Kupfer befindet sich auf dem Balkan und geht zurück bis ins 5. Jahrtausend v. Chr. Zwei der ältesten Bergwerke sind Rudna Glava (Vinca Kultur) in Serbien und Ai Bunar (Karanowo Kultur) in Bulgarien, die anhand der dort gefundenen Keramik und Knochenfragmente auf das Ende des 6. und Anfang des 5. Jahrtausends v. Chr. datiert werden konnten. Für diesen Zeitraum ist in Mitteleuropa kein Kupferbergbau oder -verarbeitung bekannt. Diese Errungenschaft verbreitete sich von der Balkan-Halbinsel erst über die folgenden 2000 Jahre über den ganzen Kontinent.

Viel Wissen erforderlich
Die Weiterentwicklung der Pyrotechnik spielte eine zentrale Rolle in der Kupferverarbeitung. Zwar beherrschte man schon weit zuvor das Feuer fürs Kochen, zur Keramikherstellung oder Gipsgewinnung, aber erst mit entsprechenden Temperaturen war es möglich Erze zu verarbeiten. Zum Schmelzen von Kupfer benötigt man eine Temperatur von etwa 1100 °C und exakte Bedingungen sind einzuhalten. So muss bei der Verbrennung die Zufuhr von Sauerstoff genau geregelt sein, damit Kohlenstoffmonoxid entstehen kann. Erst mit dessen Hilfe wird das Erz zu Metall reduziert. Die frühe Verhüttung von Kupfermineralien erfolgte durch Schmelztiegel und Öfen. Belegte Beispiele von solchen Schmelz- und Gusstiegeln stammen etwa aus der jungneolithischen Pfyner Kultur im Alpenvorland um 3600 v. Chr. Ein prähistorischer Schmelzofen war normalerweise ein einfacher Erdofen. Beispiele dafür sind die nebeneinandergereihten Schmelzöfen im serbischen Selevac, die aus der Vinca Kultur stammen. Sie sind ovalförmig, aus verziegeltem Lehm, ca. 8 cm dick und enthielten Holzkohle und Asche.
Trogförmige, rechteckige und löffelartige Tiegel mit Griffzunge der Pfyner Kultur (Strahm, 2010, S. 189)
Planum und Profil der prähistorischen Schmelzöfen in Selevak, Serbien (Antonovic, 2014, S. 25, Abb. II)

Die Kupferzeit schwappte in zwei Wellen zu uns
Die Ausbreitung der frühen Metallurgie aus Südosteuropa nach Mitteleuropa erfolgte in Wellen. Sie sind zwar chronologisch schwer voneinander zu trennen, doch entwicklungsgeschichtlich stark unterschiedlich. In der ersten Welle wurden einzelne Produkte, wie massive Äxte oder Beile exportiert, bzw. getauscht. Je nach Material und Größe werden diese als Prestigegüter bzw. Zeichen der Macht angesehen. Flachbeile und kreuzschneidige Äxte verschiedener Typen (wie Kaka und Jászladány) verbreiteten sich vom Karpatenbecken über die Slowakei, Böhmen, Mitteldeutschland bis nach Norddeutschland. Mit der zweiten Welle verbreitete sich nun die technologische Innovation der Kupferverarbeitung selbst. Auch hier wieder vom Karpatenbecken/Transdanubien aus bis in nordalpine Regionen. Mit dieser Entwicklung entstanden mehrere Kulturen, wie die Altheimer, die Pfyner oder die Trichterbecherkultur.

Ausbreitung der Äxte vom Typ Jászladány (schwarz) und Flachbeile vom Typ Kaka (rot) (Strahm, 2010, S. 185)
Die Verbreitung der frühen Metallurgie in Europa (Strahm, 2010, S. 183)
Kupferfunde in Bayern
Ein Fund in einem Steinbruch im unterfränkischen Großheubach zeigt, dass die gehandelten Gegenstände eine soziale Bedeutung hatten. In dem Depotfund (etwa 4000 v. Chr.) kam ein massives Kupferbeil vom Typ Kaka zum Vorschein, das in Südosteuropa hergestellt wurde. Es wurde zusammen mit im Westen geprägten Beilen in den Hort gelegt, was eine symbolische Bedeutung haben könnte.

Zwei weitere Kupferfunde stammen aus der Siedlung Kempfenhausen am Starnberger See in Oberbayern. Es handelt sich dabei um eine im Querschnitt rechteckig gebogene und gehämmerte Ahle und ein Beil vom Typ Thayngen. Beide Funde werden dem „Mondseekupfer" zugeordnet, da es sich um ein relativ reines Kupfer mit stark erhöhtem Arsenanteil handelt. Die Siedlung Kempfenhausen wird auf Anfang des 4. Jahrtausends v. Chr. datiert.

Der Depotfund von Großheubach in Unterfranken, Bayern (Strahm, 2010, S. 185)
Ahle (links) und Beil von Typ Thayingen (rechts) aus Kempfenhausen, Oberbayern (Turck, 2013, S. 48, Abb. 49-50)
Kartierung der Funde aus Mondseekupfer (Strahm, 2010, S. 186)

Literatur
D. Antonović, KupferzeitlicheÄxte und Beile in Serbien. In: A. Jockenhövel (Hrsg), Prähistorische Bronzefunde Abteilung IX 27 (Mainz 2014).
B.S. Ottaway, Prähistorische Archäometallurgie (Espelkamp 1994).
C. Strahm, Kupfer: Prestige, Netzwerke. Ein neuer Werkstoff, der Geschichte schreibt. In: Badisches Landesamt Karlsruhe (Hrsg), Jungsteinzeit im Umbruch Die „Michelsberger Kultur" und Mitteleuropa vor 6.000 Jahren (Darmstadt 2010).
C. Strahm, Die Anfänge der Metallurgie in Mitteleuropa, Helvetia archeol. 100, 1994, 2-39.
W. O'Brien, Bronze Age copper mining in Europe, in: Oxford Handbook of the Bronze Age (Oxford 2013) 433-449.
R. Turck, Die Metalle zur Zeit des Jungneolithikums in Mitteleuropa. Eine sozialarchäologische Untersuchung. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie, Band 185. Verlag Dr. Rudolf habelt (Bonn 2010).