Der Limes – Grenze eines grenzenlosen Imperiums

„In jener Zeit trennte er in vielen Gegenden, in denen die Grenze nicht durch Flüsse, sondern einen Limes gebildet wird, die Barbaren mit großen Pfählen, die nach Art eines mauerähnlichen Zaunes tief eingerammt und miteinander verbunden wurden."

Historia Augusta, Hadrian (4. Jh.)

Als Limes bezeichnet man die Grenzwälle oder Grenzsicherungsanlagen, die das Römische Reich zwischen dem 1. und 6. Jahrhundert n. Chr. in Europa, dem Nahen Osten sowie in Nordafrika angelegt hatte. Diese Grenzen des Imperiums sind aber nicht als territoriale Grenzen in einem modernen, nationalstaatlichen Sinne zu verstehen. Der römische „Anspruch" auf Weltherrschaft war von seiner Grundidee ausgehend global und grenzenlos.
Wichtig war den Römern die Errichtung einer überwachten Grenzlinie, um ihr kulturell und wirtschaftlich hoch entwickeltes Herrschaftsgebiet vor Plünderungen und unkontrollierter Zuwanderung zu schützen.

Die Grenzen und Legionsstandorte des römischen Reiches um 190 n. Chr. (Quelle: Kemkes u.a. 2006)

Die Bedeutung des Wortes Limes?
Tatsächlich basiert der heute verwendete Begriff Limes auf einer Fehlinterpretation einer Stelle aus dem Werk Germania (29, 3) des römischen Historikers und Politikers Tacitus (* um 58, † um 120). Mit limes bezeichnete er die trockene Grenze, im Gegensatz zur feuchten Flussgrenze ripa. Das Wort bedeutet eigentlich nur eine „Schneise" oder einen „Grenzweg". Militärische Einrichtungen wie Kastelle, Wachtürme oder Grenzanlagen waren damit keineswegs gemeint.

Der obergermanisch-raetische Limes ist daher vielmehr als eine Markierungslinie zu verstehen. Erst die im Laufe der Jahrhunderte zunehmende Befestigung unterstrich die Abgrenzung der römisch kontrollierten Gebiete. Trotz des Ausbaus in diesem Abschnitt diente die relativ kleine Garnison eher der Überwachung als der Verteidigung gegen angreifende Feinde. Dieser Abschnitt der römischen Grenzlinie erstreckte sich über 550 km zwischen Rhein und Donau im heutigen Deutschland, wobei die beiden Flüsse die natürlichen Flussgrenzen (ripa) bildeten. Die schwerer zu kontrollierenden Landgrenzen wurden nach und nach mit Befestigungen wie Palisaden, Wällen, Gräben oder auch Mauern gesichert.

Obergermanisch-Raetischer Limes (Quelle: Kemkes u.a. 2006, S 241 Abb 240)

Donaulinie des obergermaisch-raetischen Limes: Regensburg
In Regensburg nutzten die Römer die Donau als unmittelbare Grenzlinie des Römischen Reiches. Schon der Name der Stadt Regensburg (von lateinisch Castra Regina) gibt uns Hinweise darauf, wie sich die Stadt historisch entwickelt hat. Die römischen Truppen waren hier bereits um 80 n. Chr. anwesend. Um diese Zeit wurde unter Kaiser Vespasian (69-79 n. Chr.) und seinem Nachfolger Titus (79-81 n. Chr.) auf dem Gebiet des heutigen Regensburg-Kumpfmühl ein Kohortenkastell gegründet, das ursprünglich aus Holz erbaut wurde. Unter Kaiser Trajan (98-117 n. Chr.), bzw. Hadrian (117-138 n. Chr.) bauten die Römer das Kastell in Stein aus. Neben der militärischen Anlage entstand eine für die römische Kaiserzeit typische Zivilsiedlung, das sogenannte Kastellvicus oder Lagerdorf. Bekannt ist das Kastell Kumpfmühl für den 1989 entdeckten sogenannten "Kumpfmühler-Schatz", der aus 638 Bronze-, Silber- und Goldmünzen sowie Schmuckstücken besteht.
Das Kastell wurde um 170 n. Chr. während der Markomannenkriege zerstört. An gleicher Stelle errichteten die Römer wenige Jahre später das zweite Kastell Castra Regina (Abb. 3).

Blick auf die Alte Stadtmauer "Porta Praetoria" in Regensburg. Diese Mauer begrenzte das römische Lager nach Norden hin. (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Regensburg_%22Porta_Praetoria%22.jpg; Rosa-Maria Rinkl; https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)

Donaulimes als Welterbe
Im Jahr 2021 wurde der Donaulimes vom UNESCO-Welterbekomitee in die Welterbeliste aufgenommen. Eingetragen wurde der westliche Abschnitt des Donaulimes, der sich von Niederbayern/Oberpfalz über Österreich bis in die Slowakei erstreckt.
Für Regensburg und Umgebung hat die UNESCO folgende Bereiche eingetragen: Die Bodendenkmäler der Befestigung und Zivilsiedlung für das Kastell Kumpfmühl sowie umfangreiche Bodendenkmäler im Ackerland vor der Naabmündung für das Kastell Großprüfening. Für das Legionslager sind die Befestigungsmauern mit der Porta Praetoria und die Befunde unterhalb des Niedermünsters aufgelistet. Weitere Flächen wurden aus dem Großen Gräberfeld an der Kumpfmühler Brücke, einer Pufferzone in der mittelalterlichen Altstadt und Teilflächen in der Zivilsiedlung (vicus) beim Velodrom (Abb. 4) sowie der königlichen Villa ausgewählt. Sämtliche archäologischen Befunde werden dauerhaft für die nächste Generation konserviert.


Literaturverzeichnis
M. Kemkes/J. Scheuerbrand u.a., Der Limes: Grenze Roms zu den Barbaren (2006)
R. Ployer, Frontiers of the Roman Empire (FRE) – Grenzen des Römischen Reiches Zum Stand der UNESCO Welterbe-Einreichung Donaulimes, in: Archöologische Arbeitsgemeinschaft Ostbayern/West- und Südböhmen /Oberösterreich (Hrsg.), 27. Treffen, 21. bis 24. Juni in Schlögen (Rahden/Westf. 2018) S. 35-42
R. Ployer, Frontiers of the Roman Empire (FRE): ein Weltkulturerbe mit Hürden. Zum Status quo und zur geplanten Welterbe-Nominierungsstrategie der Grenzen des Römischen Reiches, in: L. Berger/L. Huber u.a. (Hrsg.), Akten des 17. Österreichischen Archäologentages: am Fachbereich Altertumswissenschaften, Klassische und Frühägäische Archäologie der Universität Salzburg vom 26. bis 28. Februar 2018 (Salzburg 2020) S. 411-420
S. Sulk, Leben an der Grenze: Zum Forschungsstand der Kastellvici am Obergermanisch-Raetischen Limes, in: Arch. In Rheinhessen u. Umgebung e.V. (Hrsg.), Berichte zur Archäologie in Rheinhessen und Umgebung Jahrg. 4, 2011, S. 35-43
T. Kade, Römer, Germanen und der Limes: Wirtschaftlicher Austausch und Grenzüberschreitender Handel im Herzen Europas vom 1. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. (2014)

Links
https://www.regensburg.de/welterbe/donaulimes (Stand: 20.01.2023)
https://www.regensburg.de/sixcms/media.php/464/Broschure_Kastell.pdf (Stand: 20.01.2023)
https://www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/welterbe-deutschland/donaulimes (Stand: 20.01.2023)

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