Der Bamberger Bischof wurde entführt! Das fränkische Rom im Fokus europäischer Machtpolitik des Hochmittelalters

In der großen europäischen Politik des Hochmittelalters gerieten die Interessen von Kaiser und Papst oft aneinander. Opfer dieser Machtpolitik waren z.B. norditalienische Städte, aber auch ein Bamberger Bischof geriet ins Räderwerk der Macht – Die Entführung Heinrich I. von Bilversheim 1246/47.
Friedrich II. – deutscher Kaiser seit 1220 – war während seiner Regentschaft immer wieder in Konflikt mit den Päpsten geraten. Seinen Anspruch auf Städte in Italien wollte das Papsttum nicht anerkennen und bereitete ihm immer wieder Probleme. Auch bei der Besetzung kirchlicher Ämter nördlich der Alpen (Investitur) durch den Kaiser wollte der Papst mitreden. Aus religiöser Sicht war das vielleicht nachvollziehbar, doch die Bischöfe übernahmen auch politische Aufgaben. So bestand für den Kaiser stets die Gefahr mit papsttreuen Bischöfen Gegner im eigenen Land zu haben.

Als 1242 der Bischofssitz von Bamberg neu besetzt werden musste, nutzte Friedrich II. die Gunst der Stunde. Denn zwischen 1241 und 1243 war kein Papst im Amt (Sedisvacanz), so dass ein solcher bei dieser Frage nicht mitreden konnte. Der Kaiser entschied sich daher für Heinrich I. von Bilversheim, seinen ehemaligen Protonotar der kaiserlichen Kanzlei. Er konnte annehmen, dass dieser ihm treu ergeben sein dürfte, was aber eine Fehleinschätzung war. Denn kaum hatte der neue Papst Innozenz IV. sein Amt angetreten, wandte sich Bischof Heinrich von Friedrich II. ab und brach zu einer Reise durch das Reich auf. Er warb bei den anderen Landesherren um Unterstützung für die Absetzung des Kaisers.
Kaiser Friedrich II., Abbildung aus seinem Buch über Falknerei "De arte venandi cum avibus" (Quelle: Heidelberger historische Bestände, https://doi.org/10.11588/diglit.9733#0006 fol.4v)
Modell der früheren Käfernburg bei Arnstadt in Thüringen (Urheber: Wikswat, Wikimedia Commons, https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:K%C3%A4fernburg_Modell.JPG)

Entführung und Gefangenschaft
Während seiner Reise wurde Heinrich im Dezember 1245 in Thüringen durch den staufertreuen Graf Berthold von Käfernburg-Schwarzburg gefangen genommen und auf dessen Stammburg für mindestens acht Monate festgehalten. Ob die Entführung direkt auf Befehl Friedrich II. erfolgte oder es eine Initiative Bertholds war, lässt sich nicht rekonstruieren. Friedrich ist zumindest nicht eingeschritten, um "seinen" Bischof zu befreien. Während Heinrichs Gefangenschaft schlug am 5. April 1246 ein Blitz in den Turm der Burg ein, in dem er gefangen war. Zahlreiche Burgleute starben und die Festung brannte fast vollständig aus. Heinrich selbst überlebte die Katastrophe unversehrt. Für die Anhänger des Papstes war das ein eindeutiges Zeichen, dass sie auf der richtigen Seite standen. Der finanzielle Schaden durch die abgebrannte Burg, sowie die inzwischen erfolgte Wahl von Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen zum Gegenkönig machten für Berthold eine Fortsetzung der Entführung sinnlos. Der Versuch den Stimmungswandel im Reich dadurch aufzuhalten war gescheitert. Doch so einfach gehen ließ er ihn natürlich nicht.

Enorme Lösegeldforderung
Wann die Verhandlungen zur Freilassung des Bischofs begonnen hatten, wie sie verliefen und unter welchen Bedingungen die Übergabe des Lösegelds erfolgte, kann heute aufgrund fehlender Quellen nicht mehr gesagt werden. Heinrich kam vermutlich gegen Ende 1246 frei. Wie hoch das Lösegeld genau war, ist unbekannt. Doch überliefert ist, dass der Bischof im Januar 1247 mehrere Pfandbriefe unterschrieb und auch Teile des bischöflichen Vermögens auflöste. Ganze Dörfer wurden verpfändet, um die Summe des Lösegeldes zusammen zu bringen. Unter anderem Kronach, Rosenberg, Geisfeld, Strullendorf, Vorra und das inzwischen Wüst gefallene Germansdorf bei Bamberg. Auch Bauernhöfe, die direkt dem Bischof unterstanden – z.B. zwei Höfe in Forchheim – und weitere Teile des persönlichen Besitzes von Heinrich. Außerdem wurden in Abstimmung mit dem Domkapitel Teile des Domschatzes verpfändet (u.a. die Krone des Heiligen Heinrich an das Kollegialstift St. Jakob). Allein dabei handelte es sich um Kleinodien im Wert von ca. 200 Mark Silber (etwa 46,76kg reines Silber). Eine vorsichtige Schätzung erlaubt die Gesamtsumme des Lösegeldes auf mindestens 116 kg Silber anzusetzen. Vermutlich war es aber deutlich höher, vergleicht man es mit dem Lösegeld anderer Bischofsentführungen. Erzbischof Konrad von Hochstaden – entführt 1242 – zahlte 4.000 Mark Silber (935,23kg Silber) an den Grafen von Jülich. In einem anderen Beispiel aus dem Jahr 1240 zahlte der Bischof von Halberstadt 1.600 Mark (374 kg Silber) an die Brandenburger.
Dennoch war die Summe enorm und konnte nur durch Verpfändungen aufgebracht und durch die jährlichen Erträge der Dörfer und Besitzungen nach und nach abgestottert werden. Auch die verpfändeten Teile des Domschatzes (u.a. drei mit Edelsteinen besetzte Altarkreuze) wurden wieder ausgelöst.
Friedrich II. konnte sich gegen den Gegenkönig Heinrich Raspe durchsetzen und blieb Kaiser. Auch ein zweiter Gegenkönig, Wilhelm von Holland, konnte sich nicht gegen die kaiserliche Macht behaupten. Heinrich I. von Bilversheim blieb bis zu seinem Tod 1257 Bischof von Bamberg und gründete unter anderem die Domkirchweih. Wie lange er seine Schulden abbezahlte ist nicht bekannt.

Literatur:
Janis Witowski, Das Lösegeld des Bamberger Bischofs Heinrich I. von Bilversheim, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bannd 77.2, 2014. S.487-501.

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