Ein bunter Dom im „grauen“ Mittelalter
Wände in mittelalterlichen Kirchen waren verputzt, weiß grundiert und großflächig bunt bemalt. Leider sind solche Großkunstwerke im Bamberger Dom nicht erhalten geblieben, da sie zwei Umgestaltungswellen zum Opfer fielen. In den 1620er Jahren sorgte die Barockisierung für eine weiße Übertünchung der Wände und Einbringung barocker Dekorelemente. 200 Jahre später wollte König Ludwig I. den vermeintlich mittelalterlichen Zustand wiederherstellen und ließ die barocke Farbe entfernen. Leider wurden dabei Großteile des Wandputzes samt den mittelalterlichen Malereien ebenfalls entfernt. Bei archäologischen Ausgrabungen im Dombereich wurden viele Stücke bemalten Wandputzes gefunden. Die meisten sind flächig monochrom bemalt, auf manchen sind auch figürliche Darstellungen zu erkennen. Eine genaue Rekonstruktion der Wandgemälde ist mit den gefundenen Stücken leider nicht möglich. Jedoch beweisen sie, dass die Wände verputzt und die Wandflächen farbig ausgestaltet waren.
Wandmalereien in Kirchen zeigten in der Regel religiöse Motive aus der Bibel. Sie sollten dem Betrachter die christliche Lehre vermitteln und ihm helfen sich in die Spiritualität zu vertiefen.
Diese Kunstwerke wurden entweder von der Kirche selbst oder von großzügigen Mitgliedern der Gemeinde in Auftrag gegeben. Letztere ließen sich des Öfteren in ihnen verewigen, sodass manchmal kleine Figuren auf den Malereien zu sehen sind, welche den Auftraggeber selbst darstellen.
Die Farben, in denen gemalt wurde, waren hauptsächlich schwarz, rot, braun, blau und seltener auch gelb. Außerdem waren auch Gold- und Zinnauflagen möglich. Im Bamberger Dom findet man an manchen Stellen noch Reste der ursprünglichen Farbe, wenn man etwas genauer hinsieht.
In den Rechteckfenstern der Chorschranken befinden sich Reliefs und Malereien von Aposteln und Heiligen aus dem 13. Jahrhundert, an denen sich die Farbfassung stellenweise erhalten hat. Diese Reste lassen erahnen, wie farbenfroh die originalen Kunstwerke gewesen sein mussten. Die Figuren sind auf rotbraunem Grund abgebildet und tragen rote Gewänder mit Goldverzierungen an den Säumen, sowie einen Heiligenschein. Auch die Kuppeln und Zwickel über den Figuren sind bunt mit geometrischen und floralen Formen ausgemalt.
Untersuchungen an den steinernen Skulpturen haben ergeben, dass diese ebenfalls bunt bemalt waren. Natürlich auch der berühmte Bamberger Reiter. Er hatte in seiner Originalbemalung helle, leicht rötliche Haut und schwarzbraune Haare. Dazu trug er einen roten Mantel mit Zinn- und Goldfolienauflagen. Sein Untergewand war vermutlich gelblich und die metallenen Attribute Krone, Sporen, Gürtel und Steigbügel waren höchstwahrscheinlich vergoldet. Das Pferd war schwarz.
Es lohnt sich also beim nächsten Besuch des Bamberger Doms – oder einer anderen mittelalterlichen Kirche – genauer hinzuschauen. Vielleicht sind noch Spuren der bunten Vergangenheit zu entdecken.
Literatur
W. Hartleitner, Zur Polychromie der Bamberger Domskulpturen. In: Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Band 5 (Bamberg, 2011), Onlineversion https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/332/2/Dokument_1.pdf
V. Niklaus, Die Wandputzfragmente aus dem Bamberger Dom.In: Kleine Funde, große Geschichten : Archäologische Funde aus dem Bamberger Dom. Lohwasser, Nelo; Schreg, Rainer (Hg)(Bamberg, 2021) Onlineversion https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/56055/1/fisba56055.pdf
P. Hohn, Die Westchorschranken des Bamberger Doms. In: Bamberger Perspektiven : Studien zur Kunst des Mittelalters (Bamberg, 2022) Onlineversion file:///C:/Users/ITV-Mitarbeiter/Downloads/fisba53976.pdf