Salz, das weiße Gold! Doch war das Würzmittel im Mittelalter wirklich reiner Luxus?

Immer wieder stolpern wir über Aussagen zum sagenhaften Reichtum, den Kaufleute mit dem Handel von Salz, dem weißen Gold, erwirtschaftet haben. Dabei kommt es dann schnell zu Aussagen, wie „(...) war Salz doch damals [im Mittelalter, Anm. d. Red.] schweineteuer, selbst Reiche oder Könige konnten sich Salz kaum leisten und eine einfache Bauernfamilie sicherlich erst recht nicht."1 Doch war das wirklich so? Wieviel hat denn Salz gekostet und welche Mengen standen überhaupt zur Verfügung?

Aus vielen Anekdoten, Legenden und Vergleichen kann man lediglich ableiten, dass Salz in früheren Zeiten – vor dem industriellen Abbau – wohl recht teuer war.

Aber beginnen wir mit ein paar belastbaren Fakten:
Auf der Erde gibt es etwa 40 Billiarden Tonnen Salz in gelöster (Meerwasser) oder kristalliner (Steinsalz) Form. Ausgeschrieben sieht diese Zahl so aus: 40.000.000.000.000.000. Das klingt erstmal nach mehr als genug.
Auf der anderen Seite braucht der menschliche Körper Salz um wichtige Körperfunktionen wie die Osmose aufrecht zu erhalten. Durch die im Salz enthaltenen Beistoffe wird ein Großteil des Mineralienbedarfs gedeckt. Wird dieser Bedarf über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt, führt das zu Krampfanfällen, Ohnmacht und schließlich zum Tod. Die WHO empfiehlt eine Menge von ca. 6g Salz pro Tag, bei Profisportlern oder Menschen, die schwerer körperlicher Arbeit nachgehen etwa 7-8g Salz pro Tag. So liegt der Jahresbedarf einer Person bei etwa 2,2 bis 2,9 kg pro Jahr, und das unabhängig in welcher Epoche sie lebt.

Salz aus dem Himalaya - auch heute ein international gehandeltes Wirtschaftsgut (Quelle: Foto von monicore von Pexels)

Die Geschichte der Salzförderung
Salz wird bereits in der Vor- und Frühgeschichte gehandelt. So exportieren salzreiche Regionen in andere Gegenden und erhalten im Gegenzug wiederum Rohstoffe und Waren. Berühmtestes Beispiel dafür ist wohl das Salzbergwerk von Hallstatt im österreichischen Salzkammergut. Nach diesem Fundort und der umliegenden Siedlung und dem Gräberfeld wurde die Hallstattzeit benannt. Auch andere Orte in Zentraleuropa hatten Zugang zu Salz. Neben den bekannten Salzproduktionsorten in Hallein, ebenfalls in Österreich oder Bad Reichenhall im Süden Bayerns gab es auch salzhaltige Quellen im Gebiet entlang der Saale. Hier wurde bereits im Mittelalter Salz aus der Sole gekocht. Auch entlang der Nord- und Ostseeküste finden sich noch die berühmten Salzsiedereien unter anderem von Lüneburg.
Steinsalz aus Bergwerken wurde also mindestens schon seit der Hallstattzeit gewonnen. Auch das Sieden von salzhaltigem Wasser (Sole oder Meerwasser) in Briquetage genannten flachen, trichter- oder pyramidenförmigen Tongefäßen über einem Holzfeuer war bekannt. In wärmeren Regionen konnte das Salz auch durch simples Verdunsten des Wassers in großen, flachen und offenen Bassins geschehen, wie es heute noch in Südfrankreich praktiziert wird.
Allgemein kann man also davon ausgehen, dass es für die mittelalterliche Gesellschaft ohne größere Schwierigkeiten möglich war Salz zu gewinnen.

Salz, ein Wirtschaftszweig
Natürlich waren Salzvorkommen wichtige Wirtschaftsfaktoren, und so verwundert es nicht, dass diese auch militärisch und administrativ besonders behandelt wurden. Beispielsweise befand sich auf dem Veitsberg (Landkreis Rhön-Grabfeld) zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert eine als Pfalz Salz bezeichnete Anlage. Dort wurden sogar mehr als ein Dutzend Königstage der karolingischen und ottonischen Herrscher abgehalten.2 Die Salzproduktion war mindestens seit dem frühen Mittelalter staatlich kontrolliert und stark reglementiert. Obwohl die Herstellung verhältnismäßig günstig war – zum Beispiel im Vergleich zu Eisen – stieg der Preis beim Endverbraucher stark an. Gründe dafür waren unter anderem die Preisaufschläge von mehreren Zwischenhändlern, aber auch die bei jedem Zollpunkt abzuführenden Abgaben. Gerade bei einem Produkt, das über weite Strecken transportiert werden musste, schlug das stark zu Buche.

Offensichtlich nicht unbezahlbar
Ein genauer Preis für eine bestimmte Menge Salz zu einem Zeitpunkt im frühen Mittelalter kann heute nicht mehr genannt werden. Dafür sind die Quellen nicht aussagekräftig genug.
Doch für die frühe Neuzeit liegen Schriftquellen vor, die das Bild deutlicher werden lassen.
Im Jahr 1612 kostete in Walleshausen (Landkreis Landsberg am Lech) eine Scheibe Salz mit einem Gewicht von 98,5 kg genau 2 Gulden und 24 Kreuzer. Das entspricht einem Kilopreis von 1,46 Kreuzern. Im Vergleich dazu lag der Jahreslohn einer Pfarrersköchin bei 5 Gulden, ein Maurergeselle verdiente 8 Kreuzer pro Tag, ein Meister 9 Kreuzer und ein Tagelöhner 6 Kreuzer.3 Im 16. Jahrhundert wurden jährlich 3 Millionen Liter Salz über die Handelsstraße von Passau nach Böhmen transportiert und wohl auch verkauft.4 Zumindest für die frühe Neuzeit lässt sich daraus schließen, dass Salz für nahezu jeden Menschen in Zentraleuropas erschwinglich gewesen sein musste. Auch wenn für das (frühe) Mittelalter solche absoluten Zahlen nicht vorliegen, so kann man dennoch eines daraus ableiten: Die Aussage, dass Salz so teuer gewesen sei, dass es sich keiner leisten konnte, lässt sich schlicht nicht halten. Wäre dies der Fall gewesen, wäre es zu einem enormen Bevölkerungsschwund aufgrund der gesundheitlichen Folgen von Salzmangel und wohl auch zu Salzrevolten gekommen. Bei den Legenden um das teure weiße Gold dürfen auch die tausenden Tonnen gepökelten Fleisch und eingesalzener Heringe, die die Hanse durch ganz Europa transportierte, nicht vergessen werden.

Dem Kommentator, wie eingangs zitiert, kann man an dieser Stelle für den Hinweis nur danken. Nur dadurch haben wir uns mit dem Thema erstmals näher beschäftigt und haben nun so eine kleine, aber spannende Exkursion in die Wirtschaftsgeschichte.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Salz bis zur Industrialisierung der Produktion sicherlich eines der teureren Produkte war. Es war aber nie so, dass es sich nur die absoluten Eliten gerade so leisten konnten. Der Preis des weißen Goldes ist für unsere Gegenwart wohl am besten mit unserem schwarzen Gold vergleichbar. Erdöl ist ein unglaublich wichtiger Wirtschaftsfaktor, es werden enorme Anstrengungen unternommen es zu fördern oder weiterzuverarbeiten. Und es hat auch viele Menschen reich gemacht. Dennoch benutzt es jeder von uns jeden Tag, gerade wenn man Auto fährt. Trotzdem ist es bestimmt schon lange her, dass sich jemand darüber beschwert hat, Benzin sei zu billig!

Quellen/Literatur:
1) Kommentar zum Video über das Inventar eines frühmittelalterlichen Hauses im Geschichtspark Bärnau [https://www.youtube.com/watch?v=8x-_Kb-XT58]
2) Petra Wolters, Der Veitsberg – Mittelpunkt eines Zentralraumes? In: RGZM Tagungen Bd. 18, S. 59-74.

3) Alle Angaben von Toni Drexler vom Bayerischen Landesverein für Familienkunde e.V.: https://www.blf-online.de/historische-werte-datei-preise-loehne-ertraege

4)
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Goldener_Steig

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