Es hat lange gedauert bis Nordostbayern christlich war!

»Wir befinden uns im Jahre 793 n.Chr. Ganz Nordostbayern ist christlich! Ganz Nordostbayern? Nein! Ein unbeugsamer slawischer Bevölkerungsstamm hört nicht auf Widerstand zu leisten.« Diese, an Asterix-Comics angelehnte Formulierung, verbildlicht die mehrere Jahrhunderte dauernde Missionierung der slawischen Bevölkerung im Gebiet des heutigen Oberfrankens und der Oberpfalz.

Aus dem pannonischen Raum (Gebiet in Teilen des heutigen Ungarn, Kroatien, Serbien und Rumänien) wanderten heidnische Slawen bereits im 6. Jahrhundert entlang der Donau in die heutige Oberpfalz ein und ließen sich hier dauerhaft nieder.

Das verraten uns die Quellen
Das 739 errichtete Bistum Regensburg hatte die Bestrebung, die Missionierung der Slawen voranzutreiben. Das Regensburger Domkloster St. Emmeran schickte vermehrt Missionare entlang der Regen und der Chamb bis nach Böhmen. 793/94 wurden im Auftrag von Bischof Bernwelf 14 sogenannte Slawenkirchen im Main- und Regnitzgebiet errichtet. Auch die Taufe von 14 böhmischen Fürsten in Regensburg im Jahr 845 ist ein weiteres Zeugnis des Versuchs der Baiern und Franken, Böhmen und Mähren enger an das Reich zu binden. Es weist aber auch auf eine Akzeptanz des christlichen Glaubens im slawischen Adel hin. Trotz allem machte die Christianisierung der slawischen Bevölkerung sowohl in Böhmen als auch in Nordostbayern anscheinend geringe Fortschritte. Noch im Jahr 1007 ist in der Gründungsurkunde des Bistums Bamberg die Angelegenheit der Slawenmissionierung vermerkt. Allerdings bleibt hierbei fraglich, ob die Christianisierung der Slawen tatsächlich noch nicht abgeschlossen war und ob ein solcher Vermerk eher eine weitere politische und militärische Kontrolle des Gebiets legitimieren sollte. Jedoch hat Bischof Gunther auf der Bamberger Diözesansynode 1059 – und das ist fest überliefert – die heidnischen Praktiken der slawischen Bevölkerung moniert. Erst bei der darauffolgenden Bischofssynode in Bamberg 1087 fanden die Slawen keine Erwähnung mehr. Ab hier kann man auf einen vollständig abgeschlossenen Assimilierungsprozess schließen.

Was die Archäologie dazu sagen kann
Archäologische Zeugnisse, die klar als christlich identifizierbar sind, finden sich in der Oberpfalz leider selten. Aber auch die heidnischen Praktiken der frühmittelalterlichen Slawen ließen sich bei Ausgrabungen bisher nicht nachweisen. Es ist aber zu vermuten, dass es zum Beispiel Götterstandbilder gab, wie sie in Starigard (im niedersächsischen Oldenburg) gefunden wurden.
Man weiß jedoch, dass ab 700 bereits die Umstellung von der slawisch-heidnischen Begräbnistradition der Brandbestattung hin zur christlichen Körperbestattung begonnen hat. Auch die alte Sitte der Grabbeigaben nahm hier langsam ab und war spätestens im 10. Jahrhundert weitestgehend aufgegeben.
Außerdem bestätigt die zunehmende Errichtung von Kirchen im Laufe des frühen Mittelalters die Übernahme der christlichen Religion.
Als einer der wichtigsten archäologischen Funde in diesem Zusammenhang gilt ein kleines Taufkreuz, das auf dem Rauhen Kulm – einem Berg im Landkreis Neustadt an der Waldnaab – gefunden wurde. Es stammt etwa aus dem Jahr 800 und deckt sich damit hervorragend mit der Errichtung der 14 Slawenkirchen im Jahr 793. Es wäre daher vorstellbar, dass ein heidnischer Slawe das kleine Kreuz als Geschenk bei seiner Taufe erhalten hat. Als weiteren Beleg für die Christianisierung kann ein bronzener emaillierter Lunulaanhänger gelten, auf dem ein Kreuz abgebildet ist und aus dem 10. Jahrhundert aus Nabburg stammt.

Das Taufkreuz vom Rauhen Kulm besaß ein kleines Loch, wodurch es mit einer Schnur um den Hals getragen werden konnte (Gschlößl 2008, Abb. 1)
Sichelförmiger Lunulaanhänger aus Nabburg (Hensch 2007, Abb. 148)
Die nicht-slawische Bevölkerung in Nordostbayern war als Folge der verstärkten Missionsreisen von Wandermönchen ab Beginn des 7. Jahrhunderts und der zahlreichen Klostergründungen spätestens ab dem 8. Jahrhundert christlich. Im Gegensatz dazu war der Prozess der Christianisierung der Slawen zwar kontinuierlich, hat aber dennoch mehrere Jahrhunderte gedauert, bis er endgültig abgeschlossen war. Man kann also schon etwas von der Unbeugsamkeit der slawischen Bevölkerung sprechen.

Literatur
Andraschke, Joachim: Die sogenannten 14 Slawenkirchen. Karolingische Missionskirchen im Regnitzgau (793-819). In: Josef Urban (Hrsg.): Das Bistum Bamberg um 1007. Festgabe zum Millennium. Bamberg 2006. 98-103.
Eichinger, Wolfgang; Losert, Hans: Ein merowingerzeitliches Brandgräberfeld östlich-donauländischer Prägung bei Großprüfening. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2003. Stuttgart 2004. 101-104.
Endres, Rudolf: Die Rolle der Grafen von Schweinfurt in der Besiedlung Nordostbayerns. Jahrbuch für fränkische Landesforschung 32. Erlangen 1972. 1- 43.
Endres, Rudolf: Das Slawenmotiv bei der Gründung des Bistums Bamberg. 109. Bericht des Historischen Vereins Bamberg. Bamberg 1973. 161-182.
Gläser, Manfred; Hahn, Hans-Joachim; Weibezahn, Ingrid (Hrsg.): Heiden und Christen. Slawenmission im Mittelalter. Ausstellungen zur Archäologie in Lübeck 5. Lübeck 2002.
Gschlößl, Roland: Rauher Kulm. Das slawische Missionskreuz. Heidnischer Kultplatz auf dem Vulkan? In: Bayerische Archäologie Heft 7/8. Landshut 2008. 66-69.
Hensch, Mathias: Archäologische Spuren der frühmittelalterlichen Napeburg. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 2006. Stuttgart 2007. 128-130. Abb. 148.
Herrmann, Erwin: Slawisch-germanische Beziehungen im südostdeutschen Raum von der Spätantike bis zum Ungarnsturm. Ein Quellenbuch mit Erläuterungen. In: Veröffentlichungen des Collegium Carolinum Band 17. München 1965.
Losert, Hans: Ein byzantinisches Reliquienkreuz aus der Umgebung von Altfalter, Gemeinde Schwarzach b. Nabburg, Landkreis Schwandorf, Oberpfalz. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 1991. Stuttgart 1992. 153-156. Abb. 120.
Losert, Hans: Slawen in der Oberpfalz. In: Sachenbacher, Peter; Beier, Hans-Jürgen (Hrsg.): Der Orlagau im frühen und hohen Mittelalter. Langenweissbach 2007. 151-172.
Machilek, Franz: Das Protokoll der Frankfurter Synode vom 1. November 1007 und die Errichtung des Bistums Bamberg. In: Josef Urban (Hrsg.): Das Bistum Bamberg um 1007. Festgabe zum Millennium. Bamberg 2006. 16-45.
Schubert, Wilhelm: Die Kuroberpfalz im Wechselbad christlicher Geschichte. Christlicher Aufbau im Nordgau. In: Festschrift 27. Bayerischer Nordgautag Oberviechtach. Oberpfalz – Land an der Grenze. Kallmünz 1988. 42-48.

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