Ein Wirtshausbesuch im Mittelalter
Am besten lässt sich dies anhand eines der wichtigsten Bestandteile eines Wirtshauses nachvollziehen: dem Bier.
In den allermeisten Wirtshäusern wurde Bier ausgeschenkt. Wenn es selbst vom Wirt hergestellt wurde, es sich also um eine Brauereigaststätte handelte, wurde es vermutlich in einem Keller gelagert. Dieser konnte im Haus oder außerhalb davon sein. Wurde das Wirtshaus von einer Brauerei beliefert, dann wurden ganze Fässer in den Keller oder in ein Lagergebäude gebracht.
Natürlich nur vom Fass
Für den Ausschank schaffte der Wirt dann eines der im Keller gekühlten Fässer in die Gaststube und zapfte es an. In der Nürnberger Polizeiordnung des 15. Jahrhunderts war vorgeschrieben, dass das Fass vor dem Anzapfen mindestens vier Tage zu stehen hat, damit sich die Schwebstoffe auf dem Fassboden absetzen konnten und das Bier zwar unfiltiriert, aber ohne grobe Bestandteile ausgeschenkt werden konnte.
Originaltext: Welicher bier hie prewt, der solle das nit ee schenncken oder geben, es sey dann dasselb bier davor vier tag in den vassen gestanden. Wer das anderst hielte, der sol darumb zu puss geben von einem yeden eimer sechzig haller. (Bader 1861, S.265.)
Der Aufstellort des Fasses war noch nicht durch einen Tresen vom Gastraum getrennt. Die ersten Tresen kamen wohl erst Ende des 18. Jahrhunderts auf. Zapfhähne dagegen fanden sich bereits im frühen Mittelalter und waren wohl häufig aus Holz. In Höxter (Nordrhein-Westfalen) haben sich vier Fragmente von Zapfhähnen aus dem 15. Jahrhundert aus Buntmetall erhalten. In zeitgenössischen Abbildungen finden sie sich ähnliche Modelle.
Der Wirt zapfte also das Bier und brachte anschließend den gefüllten Krug den Gästen an den Tisch. Es konnte aber auch gleich eine ganze Kanne Bier bestellt werde. In diesem Fall erhielten die Gäste einen mit Wasser gefüllten Zuber dazu, in dem die Kanne gekühlt werden konnte, bis sie leer war.
Nach dem ein oder anderen Bier wird sich ein Gast wohl auch erleichtert haben müssen. Hierzu befand sich – im Fall der Nürnberger Gasthäuser – eine Latrine im Innenhof des Gebäudes. Damit war der Weg des Bieres vom Brauer bis zum Endkunden vollständig beschritten.
Viele Wirtshäuser waren auch Gasthäuser und boten ihren durchreisenden Gästen auch Übernachtungsmöglichkeiten an.
Literatur:
Joseph Bader, Nürnberger Polizeiordnung aus dem 13.-15.Jh., Stuttgart 1861.
S. Berger, Lagerung, Kühlung, Ausschank – Der Schankbetrieb im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wirtshaus. In: D. Wehner (Hrsg.) Rasthäuser – Gasthäuser – Geschäftshäuser: zur historischen Archäologie von Wirtshäusern, Bonn 2015.
C. Frieser, Zwei spätmittelalterliche Wirtshäuser in Nürnberg, Kleinfunde aus der Irrerstraße, in: Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands, Bd. 8, Büchenbach 1999.
R. Kahsnitz, R. Brandl: Aus dem Wirtshaus zum Wilden Mann – Funde aus dem mittelalterlichen Nürnberg, Nürnberg 1984.
S. Krabath, Die hoch- und spätmittelalterlichen Buntmetallfunde nördlich der Alpen – Eine archäologisch-kunsthistorische Untersuchung zu ihrer Herstellungstechnik, funktionalen und zeitlichen Bestimmung. In: C. Dobiat und K. Leidorf (Hrsg.) Internationale Archäologie, Bd. 63. Rahden/Westfalen 2001.
Mendelsche Zwölfbrüderstiftung: https://www.nuernberger-hausbuecher.de/